Raketenobjekt Vogelsang

Fährt man auf der Landstraße von Zehdenick nach Templin erinnert der Wegweiser 'Gross Dölln' an die militärische Nutzung dieser Region nördlich Berlins. Der größte Militärflugplatz der GSSD/WGT befand sich dort und in den Medien tauchte der Name im Zusammenhang mit einem zum Glück bisher nicht errichteten Bombenabwurfplatz auf.

Vor 55 Jahren wurde im Waldstück westlich der Straße eines der größten Kasernengelände für die sowjetischen Truppen errichtet. 30000 Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere lebten unter völliger Abschirmung von der Umwelt in einer eigenen kleinen Stadt.

Neben der Hauptkaserne, 1 km nördlich gelegen, beherbergt der Wald ein weiteres Objekt, daß die Brandenburgische Boden 'Raketenobjekt Vogelsang' nennt.

Es handelt sich ebenfalls um ein Kasernenobjekt, welches ab 1962 die zur Division gehörenden taktische Raketenabteilung beherbergte. Auch hier nur noch spärliche Spuren der früheren Nutzer. Genauer sind da noch die Spuren der früheren Nutzung zu erkennen: Die Bunker für Träger (Raketen) und deren Transportfahrzeuge, eine mutmaßliche Stallanlage für die Selbstversorgung, die Wache, das Lager des chemischen Dienstes und die früheren Montagebunker für die Gefechtsköpfe der R-5.

Thomas Kemnitz,  02.01.2001

Wie Sie richtig im Bild 'Raketenbunker' bemerken, spielen die Kurvenradien bei den Zuführungen zu den Bunkern und zu den Einsatzzonen eine wichtige Rolle.

a) bei älteren Waffensystemen, wo die Raketen auf panzer-oder Hängerlaffetenbasis an eine Zugmaschine gebunden waren, war der Kurvenradius ein bestimmender Faktor.

b) bei den in Vogelsang stationierten Verbänden dürften sich aber nur taktische Raketen oder OTR`s befunden haben, wo der Kurvenradius nicht die bestimmende Rolle spielt. dazu sind die Basisfahrzeuge zu kurz.

c) bestimmend ist der Kurvenradius aber bei der 1986 wieder abgezogenen SS-20 Rakete, wo das Fahrzeug schon runde 16 Meter lang ist. Aber diese Raketen hatten ja einen ganz anderen Einsatzzweck, dafür waren die in Vogelsang stationierten Kampfeinheiten in der Wichtigkeit viel zu gering.

Leider werden wir über die genaue Stationierung wohl vorerst keine Antwort erhalten. Ich gehe aber davon aus, daß die Fahrzeuge (Rampen) je nach Ausstattungsgrad der Raketenabteilungen (Divisionsebene) in gesonderten druckfesten und beheizten Hallen standen. Diese Hallen entsprachen auch dem NVA Typ an gesicherter Unterbringung.

Da es sich bei dem Bunker in Vogelsang hier um eine Einzelanlage handelt, kann man davon ausgehen, daß hier die Köpfe für taktische Raketen kurzer und mittlerer Reichweite lagen. (Typ SCUD oder FROG7).

Peter Rentsch,  30.12.2000

An dieser Stelle möchte ich auf den Spieleartikel verweisen, der noch etwas zu den Hintergründen der Stationierung sagt. (Auch unter dem Punkt 'Links' zu finden.

Thomas Kemnitz,  08.01.2001

Bei Beachtung der Befahrtechnologie mittels zwei Toren (Zufahrt/ Ausfahrt ohne Wenden im Shelter) wäre auch die Dislozierung größerer Rampen möglich gewesen, ich werde mich bemühen die genauen Abmaße zu ermittel und auf Grund der Bodenkennzeichnungen in der versiegelten halle, feststellen wieviel Rampen in der Halle standen. Fakt zu sein scheint, daß es sich nicht um Kettentechnik handelte, dazu war der hallenboden viel zu gut in Schuß.

Peter Rentsch,  27.05.2001

Ich bin zwar kein Militärstratege und war auch nicht mit operativer Planung befasst, ich meine aber einige Details zur Standortfrage sagen zu können.

Ausgehend von der Lage nach dem 2. Weltkrieg und der in den Konferenzen von Jalta und Teheran gefaßten Beschlüsse der Alliierten zur Aufteilung Deutschlands, war der Raum nördlich Berlins (Gransee aufwärts) von besonderer operativer Bedeutung.
Durch die geographische Lage und die topographischen Besonderheiten der möglichen Einsatzräume jenseits der Grenze der späteren DDR, war die Dislozierung (Stationierung) starker Panzerverbände in dem Raum maßgebend.
Ausgehend von der Haupteinsatztrichtung operativer Bestimmung, wurden nach 1945 vorwiegend ehemalige Standorte der Wehrmacht die Hauptstandorte der späteren 2. (Garde)-Panzerarmee bezogen.

Die Haupteinsatzrichtung operativer Bestimmung muß außerdem im Zusammenhang mit den topographischer Besonderheiten der weiteren Stoßrichtungen gesehen werden:
1. die Hamburger Operationsrichtung (kein panzergängiges Gelände)
2. Die Besonderheiten im Harz: die Richtung Lychow-Dannenberg, auch als Lychower Balkon bezeichnet.

Neben einer Stoßarmee mit Hauptdislozierung Magdeburg und Region, war die 2. Gardepanzerarmee Hauptträger dieser operativen Gruppierung. Deshalb befanden sich auf relativ eng begrenzten Räumen (Neuruppin, Gransee, Fürstenberg, Vogelsang) eine enorm schlagkräftige Armee. Daher ist es nicht verwunderlich, daß die Stationierungsorte dieser Armee neben stark offensiv handelnden Panzerverbänden, auch die unterstützenden Truppenteile und Einheiten dort disloziert waren. Dazu zählten ab 1957 zweifelsohne auch Einheiten des Kernwaffeneinsatzes auf Divisions-, Armee- und Frontebene.

Ausdruck dessen sind u.a. die Standorte Himmelpfort, Neuthymen, Wokuhl oder die Specker Heide. Alle genannten Standorte haben gemäß der operativen Planung zum KW-Einsatz und des jeweiligen Standes der Militärtechnik (Treffgenauigkeit, Einsatz/ Zielorte und Reichweite) eine minder lange Bedeutung als Stationierungsort gehabt.

Fürstenberg

  • Stab der 2. Gardepanzerarmee bis zum Abzug
  • 5. Fernmelde (früher Nachrichtenregiment) Regiment

    Ravensbrück (bei Fürstenberg)
  • 60. Rotbanner Motschützenregiment
  • 118. Nachschubbrigade

    Neustrelitz
  • 16. Rotbanner- Gardepanzerdivision (Stab)
  • 47. Rotbanner Mot-Schützenregiment
  • 65. Rotbanner (sogar 2x ausgezeichnet) Gardepanzerregiment

    Staats
  • 591. Rotbanner Garde- Motschützen-Regiment (MSR)

    Vogelsang (unterstand der 20. Gardearmee mit Stab in Eberswalde)
  • 25. Panzerdivision
  • Panzerregiment 162
  • Mot-Schützenregiment 803
  • FRR 1702 (Fla-Rak der LaSK)

    Mit an den Standorten Vogelsang bzw. Fürstenberg (Neuthymen) waren die Raketenabteilungen der Division und die Raketenbrigaden der Armee.

    Wegen der technischen Veränderungen an den Raketen selbst und wegen der Modernisierungen an den Rampen kam es zu einigen Umgruppierungen, da sowohl Rampen als auch die Lager für die Sprengköpfe den jeweiligen Bedingungen abgepaßt werden mußten.

    So ist es erklärbar, daß die Lager in Neuthymen ab einem Zeitpunkt Anfang der 70`er Jahre den Bedingungen der technischen Sicherheit und der Unterbringung nicht mehr genügten und es z.B. in der Nähe von Himmelpfort zu einem Neubau eines solchen Lagers kam. Durch die Einführung von Raketen mit Feststofftriebwerken änderte sich vorallem die materielle Sicherstellung der raketentechnischen Basen, da die Raketen bisher nach dem alten V-2 Konzept mit flüssigem Treibstoffen flogen. Die dazu zur Lagerung notwendigen Lager entfielen bei der Einführung der Feststoffraketen. Dafür stiegen im umgekehrten Sinne die Anforderungen an die Sicherheit und die Klimatisierung der Schutzbauwerke (Shelter).

  • Peter Rentsch,  30.12.2000

    Das vimudeap-Team hat 2000/01 versucht, einige Standorte aus dem Raum Fürstenberg/Havel zu dokumentieren. Im einzelnen sind das:

    Kaserne Neuthymen
    Kaserne Vogelsang
    Raketenobjekt Vogelsang
    Munitionsdepot Hammelspring
    Kernwaffendepot Himmelpfort
    Faserstoffwerk Fürstenberg
    Raketenbasis Wokuhl
    Feuerstellung Neuglobsow

    Thomas Kemnitz,  30.12.2000

    Für alle, die sich für weitere militärtechnische Details oder Pressemeldungen um den Abzug der Raketen im Jahr 1988 interessieren, empfehlen wir den Infotext zum Objekt Wokuhl.

    Thomas Kemnitz,  31.03.2001

    Zur Zweckbestimmung des
    im Beitraggenannten Schweinebunkers gibt es vermutlich einen anderen Hintergrund.
    1. Die in den 50`er Jahren von der DDR für die Sowjets gebaute Kaserne hatte für ihren Selbstversorgungsanteil eine ganze Reihe von Schweineställen in Richtung NORD hinter der Panzerkaserne gebaut.
    2. für die Unterbringung von 10-20 Schweinen scheint der Bunker doch recht klein.
    3. Wenn dort Schweine effektiv versorgt werden sollten, war der Bunker das denkbar ungeeignetste Objekt, da er keine Fenster und keine Belüftung hatte. Der Zugang ist durch Gittertürten mit Streckmetallbeplankung gesichert. Ob der Aufwand für 10-20 Schweine vertretbar war, ist schwer zu beurteilen.
    Wegen der Versiegelung der Böden mit Farbe in Brusthöhe ist zu sagen, daß diesen Weg die Sowjets öfters gingen, wenn poröse Betonböden gegen Staub oder Chemiekalien zu siuchern waren. Die Boxen weisen eher auf eine Lagermöglichkeit für Akkus hin. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß die gesonderte Raketeneinheit in der Abzugsphase ihre Schweine dort versorgt hat. Als Lebensraum für Tiere scheint der Bunker gänzlich ungeeignet.
    Ich gehe nach Besichtigung davon aus, daß er einen anderen Zweck hatte, zumal er für die Tierhaltung neben dem KfZ-Park nicht eingezäunt war. Welcher Kommandeur läßt schließlich an der Regimentsstraße gern die "Sau" raus?

    Peter Rentsch,  29.05.2001

    Hallo Peter,
    vielen Dank für die ergänzenden Informationen. Aus dem Gedächtniss kann ich dir nur zustimmen. So genau haben wir die Sache nicht untersucht ... aber Ställe ohne Lüftung wären schon eine Strafe ... .
    Gruss und Dank tk

    Thomas Kemnitz,  30.05.2001

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