Rennschlittenbahn am Fichtelberg
»Der Fichtelberg bei Oberwiesenthal im Erzgebirgskreis ist mit 1.214,79 m ü. NHN1 der höchste Berg in Sachsen. Gemeinsam mit dem nahe gelegenen Klínovec (Keilberg; 1.243,7 m n.m.) auf tschechischer Seite bildet er das bedeutendste Wintersportzentrum des Erzgebirges.« [199]
Ende der 1960er Jahre entstand am Nordosthang des Fichtelbergs als Fertigteilkonstruktion aus vertikalen Beton-Streifenelementen eine 1100 m lange naturvereiste Rennschlittenbahn. Sie wurde bis zur politischen Wende in der DDR durch den Sportstättenbetrieb der Stadt Kurort Oberwiesenthal betrieben und durch den SC Traktor Oberwiesenthal genutzt.
Im Zuge der Errichtung neuer Skilifte und -pisten wurden die erste Kurve vollständig und andere teilweise entfernt bzw. aufgebrochen. Der ehemalige Herrenstart wurde zur »Fichtelberghütte« umgebaut.
Dank
Erhard Klotzsche, der viele Jahre als Trainer im Rennschlittensport tätig war, unterstützte das Projekt VIMUDEAP durch seine fachmännischen Ausführungen bei einer Vor-Ort-Begehung und durch einen ausführlichen Bericht. Ihm gilt unser ausdrücklicher Dank!
Kurzlink zum Objekt → vimudeap.info/rennschlittenbahn
- Der Verlauf der Rennschlittenbahn mit Kurvennummern, Start-, Zeitnahme- und Zielgebäude(n). Streckenskizze nach [201]. (Links unten: aus dem Originaldokument übernommene Signets des Deutschen Schlitten- und Bobsportverbandes der DDR und des Internationalen Rennrodelverbandes, FIL). → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8242, geladen am: 09.11.2016.
Streckenverlauf
- Historische Aufnahme aus der Bauzeit. Bildunterschrift »Holzausbau mit Derbstangen, Rennschlittenbahn Oberwiesenthal (DDR), Bauzustand 1968«. Foto: Wissenschaftlich-Technisches Zentrum Sportbauten. In: [200], S. 235. Aufnahmedatum: 1968. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8275, geladen am: 16.11.2016.
- Historische Aufnahme aus der Bauzeit. Bildunterschrift »Fertigteilkonstruktion aus vertikalen Streifenelementen (Beton), Rennschlittenbahn Oberwiesenthal (DDR)«. Foto: Wissenschaftlich-Technisches Zentrum Sportbauten. In: [200], S. 236. Aufnahmedatum: 1969. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8276, geladen am: 16.11.2016.
Historische Aufnahmen aus der Bauzeit
- Die historische Aufnahme läßt sich grob auf das Jahr 1970 oder 1971 datieren. Ein Schlitten fährt in die Kurve 4 ein. Am rechten Bildrand ist die Schräge des Damenstarts zu erkennen. Möglicherweise wurde gerade von dort aus gestartet. In der Bahn steht eine Person, die bei einem Start von der Schräge rechts nicht im Weg steht. Dennoch war es damals nicht unüblich, dass ein Trainer an einer Stelle in der Bahn stand, die nicht befahren wurde. Die senkrechten Stangen in der Bahn sind höchstwahrscheinlich Schaufelstiele, um die Bahn von Schnee beräumen zu können. (Danke an Erhard Klotze für das Zur-Verfügung-Stellen des Bildes und die Hinweise zur Bildinterpretation.). © Günter Sipeer. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8280, geladen am: 17.11.2016.
Historische Aufnahme mit Einfahrt in Kurve 4
- Das einstige Gebäude des Herrenstarts ist umgebaut zur Fichtelberghütte. Das Gipfelkreuz trägt folgende Beschriftung. Senkrecht »1215 üM ~ Fichtelberg«. Waagerecht »Glück Auf in Sachsen«. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8244, geladen am: 10.11.2016.
Herrenstart
- Blick vom Starthaus des Damenstarts bergabwärts. Rechts das Ende der Kurve 3, links der Beginn der Kurve 4. Aufnahmedatum: 04.05.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8245, geladen am: 10.11.2016.
- Der Damenstart hinter Kurve 3. Das Starthaus ist bereits entfernt. Blick bergaufwärts. Die Betonblöcke an der Schräge beherbergten einst die Lichtschranken der Zeitnahme. Aufnahmedatum: 04.05.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8248, geladen am: 10.11.2016.
- Verbliebene Reste der aufgebrochenen Kurve 2 bergabwärts. Aufnahmedatum: 04.05.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8246, geladen am: 10.11.2016.
- Das Ende des verbliebenen Restes der aufgebrochenen Kurve 2 bergaufwärts. Aufnahmedatum: 04.05.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8247, geladen am: 10.11.2016.
Damenstart und Kurvenfragment Kurve 2
- Der Anfang der für die Abfahrtstrecke aufgebrochene Kurve 6. Blick bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8249, geladen am: 10.11.2016.
- Kontrollpunkt/Zeitname vor Kurve 7. Blick bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8250, geladen am: 10.11.2016.
- Kontrollpunkt/Zeitnahme vor Kurve 7. Blick bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8251, geladen am: 10.11.2016.
- Teil der für die Abfahrtstrecke aufgebrochenen Kurve 8. Blick bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8252, geladen am: 10.11.2016.
- Efeu am Ende der Kurve 9. Blick bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8253, geladen am: 10.11.2016.
- Gebäude zur Energieversorgung. Der Strom für die Bahnbeleuchtung wurde durch Aggregate erzeugt und durfte nicht aus dem Landesnetz entnommen werden. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8254, geladen am: 10.11.2016.
Streckenfragmente und Energieversorgung
- Der als »Pionierstart« bezeichnete Start für Kinder- und Jugendliche. Blick in Kurve 11 bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8255, geladen am: 10.11.2016.
- Startgebäude »Pionierstart« und das Ende der Kurve 11, bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8256, geladen am: 10.11.2016.
- Fragemente verwitterter Losungen in Kurve 11. ».. Jahre DDR« Die Zahl könnte als 20 oder 25 interpretiert werden. 1969 war die DDR 20 Jahre alt. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8257, geladen am: 10.11.2016.
- Blick vom »Pionierstart« in Kurve 12, bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8258, geladen am: 10.11.2016.
»Pionierstart«, Start für Kinder und Jugendliche
- Links und rechts ist die neu entstandene Skipiste zu erkennen, die an dieser Stelle die Kurve 12 aufbricht. Blick in Richtung »Pionierstart«, bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8259, geladen am: 10.11.2016.
Aufbruch durch Skipiste an Kurve 12
- Ab Kurve 13 wurden die Holzbanden durch eine Betonrinne ersetzt. Links ein Kontrol-/Zeitnahmepunkt. Blick bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8260, geladen am: 10.11.2016.
- Übergang zwischen Holzbanden und Betonrinne vor Kurve 13. Blick bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8261, geladen am: 10.11.2016.
Übergang zwischen Bahn mit Holzbande und Betonrinne vor Kurve 13
- Panoramaaufnahme der Kurve 13. Links bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8262, geladen am: 10.11.2016.
- Kontrollpunkt/Zeitname vor Kurve 13. Blick bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8263, geladen am: 10.11.2016.
Kurve 13
- Panoramaaufnahme der Kurve 15. Links bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8264, geladen am: 10.11.2016.
- Der Beginn der Kurve 15. Blick bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8265, geladen am: 10.11.2016.
Kurve 15
- Übergang zwischen Kurve 15 (hinten) und Kurve 16. Blick bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8266, geladen am: 10.11.2016.
- Kontrollpunkt/Zeitnahme zwischen Kurve 16 und 17 (links, bergabwärts). Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8267, geladen am: 10.11.2016.
- Kurve 17 bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8268, geladen am: 10.11.2016.
Kurven 16 und 17
- Panoramaaufnahme des Zielgebäudes. Links bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8269, geladen am: 10.11.2016.
- Das Zielgebäude bergabwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8270, geladen am: 10.11.2016.
- Schriftzug ZIEL am Zielgebäude. Links der Beginn der Kurve 18. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8271, geladen am: 10.11.2016.
- Das Zielgebäude bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8272, geladen am: 10.11.2016.
Ziel und Zielgebäude
- Panoramaaufnahme der Kurve 18. Links bergaufwärts. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8273, geladen am: 10.11.2016.
- Das Ende der Bahn in Kurve 18. Aufnahmedatum: 19.09.2016. © Thomas Kemnitz. → Rennschlittenbahn am Fichtelberg, Deutschland. Bildnummer: 8274, geladen am: 10.11.2016.
Kurve 18, Ende
Nach Abschluss des Wiederaufbaus des 1963 abgebrannten Fichtelberghauses im Jahre 1967 blieb der bauausführende Betrieb, das Industrie-, Tief- und Verkehrsbaukombinat (ITVK) Schwarzenberg - möglicherweise hieß er damals noch Bau-Union - gleich vor Ort, um die Rennrodelbahn zu bauen. Die Fertigstellung und offizielle Inbetriebnahme erfolgte im Winter 1969/70. Mir ist jedoch in Erinnerung, dass schon im Winter vorher Trainingswettkämpfe auf dem oberen Teil der Bahn durchgeführt worden sind. Gefahren wurde vom Herrenstart bis zur Kurve 4 und auf dem anschließenden flachen Stück bis zur Einfahrt in Kurve 7 gebremst.
Aus dem Buch »Sportbauten« [200] konnte ich entnehmen, dass die Kurven in Fertigteilkonstruktion aus vertikalen Streifenelementen in Beton errichtet worden sind. Weitere technische Parameter sind mir nicht bekannt.
Die Bahn hatte 18 Kurven und eine Länge von 1087 Metern. Das Ziel befand sich ursprünglich nach der Kurve 18. Da die Zielschranke aber vom Zielhaus nicht einsehbar war, wurde es einige Jahre nach der Inbetriebnahme an das Ende der Geraden vor der Kurve 18 verlegt. Ich vermute, die Längenangabe bezieht sich auf diese Wettkampfstecke, weil mir eine Zahl von über 1100 Metern in Erinnerung ist (bis zur Ausfahrt Kurve 18). Das durchschnittliche Gefälle liegt bei etwas über 9 %, genaue Zahlen kenne ich aber nicht. Die steilsten Abschnitte sind zwischen den Kurven 7 und 10 sowie 14 und 16. Die Zeitmessung erfolgte elektronisch über Lichtschranken. Es gab mehrere Zwischenzeitnahmen. Allerdings kann ich mich nicht erinnern, dass es bereits Zeitenschreiber gab. Die einzelnen Zeiten wurden von Hand in vorgedruckte Startkarten eingetragen, die Ergebnislisten erst später mit Maschine geschrieben.
Aus einem kleinen Programmheft ist zu entnehmen, dass in der 1. Märzhälfte 1970 folgende nationalen und internationalen Wettkämpfe ausgetragen wurden: DDR-Bestenermittlung (das war der Wettkampfhöhepunkt für alle die Sportler, die nicht an den Leistungszentren SC Traktor Oberwiesenthal und ASK Vorwärts Oberhof trainierten), Deutsche Rennschlittenmeisterschaften der DDR, Internationales Mitropa-Pokalrennen und Pokal der Freundschaft. Vorher (ohne nähere Zeitangabe) fanden schon die DDR-Juniorenmeisterschaften statt. Auch im Jahre 1971 wurden die DDR-Meisterschaften und das Internationale MItropa-Pokalrennen in Oberwiesenthal ausgetragen. Die Einsitzer fuhren damals vier Rennläufe (heute zwei), also wurde die Bahn auch abends genutzt. Dafür fuhr sogar die Schwebebahn bis spät in die Nacht hinein. Die Fichtelberg-Rennrodelbahn war zu dieser Zeit die modernste Bahn der DDR und stellte hohe fahrtechnische Anforderungen. Selbstverständlich nahmen an den Wettkämpfen alle damaligen Spitzenathleten der DDR teil, so Anna-Maria Müller, Angela Knösel, Klaus Bonsack, Harald Ehrig, Michael Köhler, Wolfgang Scheidel. Horst Hörnlein. Dettlef Günther, Wolfram Fiedler, die Doppel Hörnlein/Bredow, Bonsack/Michael Köhler und Bernd und Ulrich Hahn. Gern gesehene Gäste waren zu den Mitropa-Pokalrennen die italienischen Rodler, so die späteren Olympiasieger ud Weltmeister Hildgartner/Plaikner und der spätere Weltmeister Karl Brunner. Auch aus der damaligen Sowjetunion, aus Polen, der ČSSR und Österreich nahmen Sportler teil.
Nach diesem kurzzeitgen »Höhenflug« änderte sich die die Situation für die Oberwiesenthaler Bahn abrupt. Das hatte mehrere Gründe. 1969 wurde in der BRD die Rodelbahn am Königssee auf künstliche Vereisung umgebaut. Dem dufte die DDR nicht nachstehen. Oberwiesenthal hatte eben erst eine neue Bahn bekommen, also wird die nächste, auch künstlich zu vereisende, in Oberhof gebaut. Sie war ab 1971 für das Training nutzbar, ab 1972 fanden dort Wettkämpfe statt. Die Vorteile einer künstlich vereisbaren Rennschlittenbahn sind enorm: Die Kühlung gewährleistet ein planbares Trainings- und Wettkampfgeschehen, und das von den Monaten September bis April. Damit hatte die These der DDR-Trainingsmethodik, Techniktraining möglichst ganzjährig durchzuführen, eine reale Basis bekommen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, trainierten auch die Oberwiesenthaler Rodler regelmäßig in Oberhof.
Die Eisoberfläche einer künstlich vereisten Bahn ist wesentlich glatter als die einer natürlich vereisten und läßt höhere Geschwindigkeiten und eine flachere Fahrtechnik zu. Die Schlitten wurden diesen neuen Gegebenheiten angepaßt, ließen sich danach aber nicht ohne weiteres auf Natureisbahnen fahren.
Die Oberwiesenthaler Bahn versank oft unter dem am Fichtelberg herrschenden Schneereichtum. Trotz Technik (Schneefräse) verging oft ein halber Tag, ehe die Bahn vom Schnee beräumt und damit fahrbereit war. Mir ist in Erinnerung, dass im Winter 1971 ein Rennen (DDR-Meisterschaft oder Mitropa-Pokalrennen) am Sonntag abgebrochen werden mußte, weil die Bahn bis an den Rand voll Schnee lag. Als die Frauen ihre Schlitten vom Damenstart holten, weil sie noch zu einem anderen Rennen fuhren, versanken sie bis zur Hüfte im Schnee.
Den Weg vom Zielauslauf bis zum Start mußten die Sportler damals zu Fuß mit dem Schlitten zurücklegen. Eine Bahnstraße, wie heute üblich, gab es damals nicht. Den Weg durch den Wald mußten sie oft unter dem Schnee suchen.
Die Kurve 15 war ein kaum zu beherrschender »Scharfrichter«, weil ihr Radius nicht stimmte. Dort kam es oft zu Stürzen. Davon waren vor allem die Sportler betroffen, die nicht ständig auf der Bahn trainierten. Das beeinträchtigte das Image der Bahn. Selbst die Oberhofer Sportler taten alles, um nicht in Oberwiesenthal trainieren zu müssen. Und demzufolge fanden auch kaum noch Wettkämpfe statt. Binnen weniger Jahre war die Fichtelberg-Rennrodelbahn damit technisch und moralisch verschlissen.
In der Folgezeit wurde sie zur Vorbereitung von DDR-Auswahlmannschaften auf internationale Wettkämpfe, die bis in die zweite Hälfte der 1980er Jahre noch auf natürlich vereisten Bahnen ausgetragen wurden, sowie für Nachwuchsrennen genutzt. Dazu wurden die Wettkampfstrecken verkürzt. Nach der Ausfahrt aus Kurve 13 entstand ein provisorischer Auslauf, um das Problem der Kurve 15 zu umgehen. Es muss in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre gewesen sein, als mit baulichen Veränderungen in den Kurven 14, 15 und 16 die Befahrbarkeit der Kurve 15 verbessert werden sollte. Das gelang zumindest teilweise. Dieser verhältnismäßig hohe Aufwand zum Erhalt einer veralteten Bahn hatte den Grund, dass Oberwiesenthal aller vier Jahre im Wechsel mit Oberhof Gastgeber der Kinder- und Jugendspartakiade der DDR war. Dazu brauchte man eine von einer großen Anzahl von Nachwuchssportlern gefahrlos zu befahrende Rodelbahn.
Von den vier in Oberwiesenthal veranstalteten Spartakiaden (1975, 1979, 1983 und 1987) wurden zumindest die letzten beiden im unteren Teil der Bahn gefahren.
1983 weilte der Fliegerkosmonaut der DDR, Siegmund Jähn, anlässlich der Verleihung seines Namens an der Kinder- und Jugendsportschule in Oberwiesenthal und ließ es sich nicht nehmen, als Doppelhintermann von Weltmeister und Olympiasieger Hans Rinn eine Fahrt auf der Bahn zu unternehmen. Er ist damit vermutlich der prominenteste »Sportler«.
1977 und 1982 wurden die DDR-Meister in Oberwiesenthal gekürt, regelmäßig fanden DDR-Junioren- und Schülermeisterschgaften statt. Als letztert Wettkampf ist mir die DDR-Spartakiade 1987 in Erinnerung.
Mit der Wende wurden die für Betrieb und Nutzung der Fichtelberg-Rennrodelbahn vorhandenen Strukturen (Sportstättenbetrieb, SC Traktor) aufgelöst. Die Bahn verfiel weiter. Die Rennrodler wurden im neu gegründeten Bundesstützpunkt weiter gefördert und nutzen die Bahn zum Sommertraining auf Rollenschlitten. Aber auch das erwies sich zunehmend als unökonomisch, weil alljährlich für Erneuerung der Holzbanden und Glättung der Bahnsohle hohe finanzielle Aufwendungen notwendig waren. Zudem litten die Schlitten und die Rollen stark unter der nach wie vor unebenen Bahnsohle.
Im Zusammenhang mit der Liftmodernisierung an der Himmelsleiter und der Schaffung einer neuen Abfahrtspiste an der Nord- und Nordostseite des Fichtelbergs wurden 1994 Teile der Bahn (bis Kurve 3) abgetragen.
Erhard Klotzsche
Oberwiesenthal, Juli 2016
Für die Dauerausstellung »Zwangsarbeit für den Krieg. Die Pulverfabrik Liebenau 1939-1945.« der Gedenk- und Bildungsstätte Liebenau wurde die Virtual Reality Anwendung »Pulverfabrik 360°« erstellt.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Geschichte des Werkes und der Menschen, die unfreiwillig dort arbeiteten und in großer Zahl ums Leben kamen.
Mit der VR-Anwendung ist es möglich, die Ruinen der einstigen Produktionsgebäude in ihrem heutigen Zustand per VR-Brille im Kontext ihrer einstigen Nutzung zu betrachten.
Mit dem Bildband »Stillgelegt - 100 verlassene Orte in Deutschland und Europa« präsentieren wir eine weitere Perspektive auf das Thema »Toter Ort« im VIMUDEAP-Kontext. Die drei Autoren Robert Conrad, Michael Täger und Thomas Kemnitz arbeiten seit Jahren erfolgreich im Projekt VIMUDEAP zusammen. Der großformatige Bildband entstand 2015 auf Initiative des DuMont Reiseverlages. Er ist im Herbst 2023 in seiner 3. überarbeiteten Auflage erschienen.
Seite aufrufen25 Jahre nach dem Mauerfall gelingt es der Serie des Berliner Fotografen Robert Conrad, das inzwischen verschwundene Symbol des Kalten Krieges mahnend wiederzuerrichten und Erinnerungen wachzurufen.
Seite aufrufenMit »VERGESSENE ORTE in Berlin und Brandenburg« ist im November 2019 im Mitteldeutschen Verlag ein Buch erschienen, daß man zweifelsohne als weiters VIMUDEAP-Buch bezeichnen kann.
In seinem Bild-Text-Band erzählt der Architekturfotograf, Bauhistoriker und VIMUDEAP-Autor Robert Conrad eine Geschichte des 20. Jahrhunderts in der Region Berlin-Brandenburg.
Eine Auflistung unserer Präsentationen, Vorträge, Interviews ... sowie der Medienberichte über uns.
Seite aufrufenIn unserem kleinen Spreadshirt-Shop können Sie eine Kapuzenjacke mit dem VIMUDEAP Logo zum Herstellungspreis bestellen.
Externen Link öffnenDie Online-Ausstellung ist ein Plädoyer für den Erhalt der baugebundenen Kunst der DDR! Wir zeigen 40 Fotografien des Cottbusser Architekten und Fotografen Martin Maleschka, die als Bildpaare und Einzelbilder präsentiert werden. Sie zeigen 20 baugebundene Kunstwerke verschiedener Techniken und aus unterschiedlichen Materialien aus 16 Städten der ehemaligen DDR.
Seite aufrufenDie erste VIMUDEAP Onlineausstellung bestreitet der Londoner Künstler Angus Boulton. Mit seinem Werk »41 Gymnasia« erinnern wir an den 20. Jahrestag des Abzuges der Sowjetischen Truppen aus Deutschland.
Seite aufrufenDie verlassene sowjetische Bergarbeiterstadt »Pyramiden« auf der arktischen Insel Spitzbergen ist für die Norweger Elin Andreassen, Hein Bjerck und Bjørnar Olsen in ihrem Projekt RUINMEMORIES Gegenstand archäologischer Forschungen und Reflexionen zum Thema »Moderne Ruinen«.
Wir freuen uns, Ausschnitte ihrer Arbeit als weitere Perspektive auf das Thema »ungenutzte Architektur« präsentieren zu können!
Vor 30 Jahren ereignete sich am Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl der bisher schlimmste Atomunfall der Zivilisationsgeschichte, der bis heute tausende Menschenleben forderte. Während weiterhin versucht wird, den Unglücksreaktor mit schützenden Hüllen zu umgeben, konserviert die einstige Schlafstadt »Prypjat« ihren damaligen Zustand beharrlich. Die Bilder von Michael Täger geben diesen ausschnitthaft und in beeindruckender Art und Weise wieder.
Seite aufrufenDer Schulkomplex auf dem Großen Ziegenberg in Ballenstedt hat als Ort der Elitenbildung eine Geschichte als »Staatliche Nationalpolitische Bildungsanstalt - Ballenstedt« (»Napobi Ballenstedt«, später »NPEA Anhalt in Ballenstedt«) und als »Bezirksparteischule ›Wilhelm Liebknecht‹ der SED-Bezirksleitung Halle«. Der Beitrag präsentiert die im Jahr 2010 entstandenen Aufnahmen und skizziert die Nutzungs- und Baugeschichte.
Seite aufrufenDie Inhalte der in den Jahren 2005/2006 von uns produzierten und in der Edition Vimudeap erschienenen CD/DVD zur untertägigen Anlage »Malachit/Komplexlager 12« wurden im Jahr 2014 remastered. Für die Präsentation innerhalb des Virtuellen Museums der Toten Orte wurden die Einzelbilder, 360° Rundblicke und interaktiven Karten neu aufbereitet.
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Die Rennschlittenbahn am Fichtelberg