Kaserne Vogelsang

Fährt man auf der Landstraße von Zehdenick nach Templin erinnert der Wegweiser 'Gross Dölln' an die militärische Nutzung dieser Region nördlich Berlins. Der größte Militärflugplatz der GSSD/WGT befand sich dort und in den Medien tauchte der Name im Zusammenhang mit einem zum Glück bisher nicht errichteten Bombenabwurfplatz auf.

Vor 55 Jahren wurde im Waldstück westlich der Straße eines der größten Kasernengelände für die sowjetischen Truppen errichtet. 30000 Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere lebten unter völliger Abschirmung von der Umwelt in einer eigenen kleinen Stadt.

Die Menschen der 25. Panzerdivision fanden hier über 40 Jahre eine neue Heimat deren Spuren im Jahr 2000 nur noch spärlich zu finden sind. Ein Teil der Kasernenbauten werden zur Zeit modernisiert und sehen einer neuen Nutzung entgegen (?).

Peinlich genau räumten die ehemaligen Bewohner auf, um nicht zuletzt am neuen Stationierungsort ein paar tausend Kilometer östlich wieder Inventar oder Heizmaterial zu haben. Wie mag es ihnen heute ergehen? Wie haben Sie diese Zeit in Erinnerung?

Ihr früheres Leben stellt sich dem heutigen Besucher als eine Mischung aus Funktionalität, Verfall, Hoffnung und Ideologie dar. Vimudeap will mit diesen Bildern dafür sorgen, die Erinnerung an dieses Leben zu bewahren.

Thomas Kemnitz,  02.01.2001

Ich bin zwar kein Militärstratege und war auch nicht mit operativer Planung befasst, ich meine aber einige Details zur Standortfrage sagen zu können.

Ausgehend von der Lage nach dem 2. Weltkrieg und der in den Konferenzen von Jalta und Teheran gefaßten Beschlüsse der Alliierten zur Aufteilung Deutschlands, war der Raum nördlich Berlins (Gransee aufwärts) von besonderer operativer Bedeutung.
Durch die geographische Lage und die topographischen Besonderheiten der möglichen Einsatzräume jenseits der Grenze der späteren DDR, war die Dislozierung (Stationierung) starker Panzerverbände in dem Raum maßgebend.
Ausgehend von der Haupteinsatztrichtung operativer Bestimmung, wurden nach 1945 vorwiegend ehemalige Standorte der Wehrmacht die Hauptstandorte der späteren 2. (Garde)-Panzerarmee bezogen.

Die Haupteinsatzrichtung operativer Bestimmung muß außerdem im Zusammenhang mit den topographischer Besonderheiten der weiteren Stoßrichtungen gesehen werden:
1. die Hamburger Operationsrichtung (kein panzergängiges Gelände)
2. Die Besonderheiten im Harz: die Richtung Lychow-Dannenberg, auch als Lychower Balkon bezeichnet.

Neben einer Stoßarmee mit Hauptdislozierung Magdeburg und Region, war die 2. Gardepanzerarmee Hauptträger dieser operativen Gruppierung. Deshalb befanden sich auf relativ eng begrenzten Räumen (Neuruppin, Gransee, Fürstenberg, Vogelsang) eine enorm schlagkräftige Armee. Daher ist es nicht verwunderlich, daß die Stationierungsorte dieser Armee neben stark offensiv handelnden Panzerverbänden, auch die unterstützenden Truppenteile und Einheiten dort disloziert waren. Dazu zählten ab 1957 zweifelsohne auch Einheiten des Kernwaffeneinsatzes auf Divisions-, Armee- und Frontebene.

Ausdruck dessen sind u.a. die Standorte Himmelpfort, Neuthymen, Wokuhl oder die Specker Heide. Alle genannten Standorte haben gemäß der operativen Planung zum KW-Einsatz und des jeweiligen Standes der Militärtechnik (Treffgenauigkeit, Einsatz/ Zielorte und Reichweite) eine minder lange Bedeutung als Stationierungsort gehabt.

Fürstenberg

  • Stab der 2. Gardepanzerarmee bis zum Abzug
  • 5. Fernmelde (früher Nachrichtenregiment) Regiment

    Ravensbrück (bei Fürstenberg)
  • 60. Rotbanner Motschützenregiment
  • 118. Nachschubbrigade

    Neustrelitz
  • 16. Rotbanner- Gardepanzerdivision (Stab)
  • 47. Rotbanner Mot-Schützenregiment
  • 65. Rotbanner (sogar 2x ausgezeichnet) Gardepanzerregiment

    Staats
  • 591. Rotbanner Garde- Motschützen-Regiment (MSR)

    Vogelsang (unterstand der 20. Gardearmee mit Stab in Eberswalde)
  • 25. Panzerdivision
  • Panzerregiment 162
  • Mot-Schützenregiment 803
  • FRR 1702 (Fla-Rak der LaSK)

    Mit an den Standorten Vogelsang bzw. Fürstenberg (Neuthymen) waren die Raketenabteilungen der Division und die Raketenbrigaden der Armee.

    Wegen der technischen Veränderungen an den Raketen selbst und wegen der Modernisierungen an den Rampen kam es zu einigen Umgruppierungen, da sowohl Rampen als auch die Lager für die Sprengköpfe den jeweiligen Bedingungen abgepaßt werden mußten.

    So ist es erklärbar, daß die Lager in Neuthymen ab einem Zeitpunkt Anfang der 70`er Jahre den Bedingungen der technischen Sicherheit und der Unterbringung nicht mehr genügten und es z.B. in der Nähe von Himmelpfort zu einem Neubau eines solchen Lagers kam. Durch die Einführung von Raketen mit Feststofftriebwerken änderte sich vorallem die materielle Sicherstellung der raketentechnischen Basen, da die Raketen bisher nach dem alten V-2 Konzept mit flüssigem Treibstoffen flogen. Die dazu zur Lagerung notwendigen Lager entfielen bei der Einführung der Feststoffraketen. Dafür stiegen im umgekehrten Sinne die Anforderungen an die Sicherheit und die Klimatisierung der Schutzbauwerke (Shelter).

  • Peter Rentsch,  30.12.2000

    Das vimudeap-Team hat 2000/01 versucht, einige Standorte aus dem Raum Fürstenberg/Havel zu dokumentieren. Im einzelnen sind das:

    Kaserne Neuthymen
    Kaserne Vogelsang
    Raketenobjekt Vogelsang
    Munitionsdepot Hammelspring
    Kernwaffendepot Himmelpfort
    Faserstoffwerk Fürstenberg
    Raketenbasis Wokuhl
    Feuerstellung Neuglobsow

    Thomas Kemnitz,  30.12.2000

    An dieser Stelle möchte ich auf den Spiegelartikel verweisen, der noch etwas zu den Hintergründen der Stationierung sagt. (Auch unter dem Punkt 'Links' zu finden.

    Thomas Kemnitz,  08.01.2001

    Für alle, die sich für weitere militärtechnische Details oder Pressemeldungen um den Abzug der Raketen im Jahr 1988 interessieren, empfehlen wir den Infotext zum Objekt Wokuhl.

    Thomas Kemnitz,  31.03.2001

    Urplötzlich stellt sich folgende Frage:
    Neben den beiden "Lagerbunkern" und den Garagen muß es Startplätze für die R5 M Raketen gegeben haben, sind diese Startplätze örtlich bekannt, überhaupt vorhanden und wie ist der Beschaffenheit und Aufbau?

    Stefan Büttner,  11.01.2006

    Das Equipment für die Startvorbereitung und die Startsicherstellung des Systems R-5 M war bedeutend umfangreich als sich Nichtfachleute mit Blick auf spätere Entwicklungen vorstellen können. So einfach wie mit den später praktizierten Rampen war das zu dieser Zeit nicht.
    In der Fachliteratur und im Buch von Dr. Mathias Uhl, gibt es, so ich mich recht erinner dazu ein Bild. Da der Startwagen (Nachbau Meiler-System)
    von einem Kettenzugmittel bewegt wurde, mußte sich auch der Feuerbereich dieser Konstellation unterordnen. Dazu zählte nivelliertes Gelände um den Startwagen sicher aufzustellen, eingemessene Stellung, Betankungsprocedere, meßwagen, Funkempfangstrupp, Fernstarteinrichtung etc. also ein ganzer Sicherstellungstross. Über die konkreten Stellungen ist wenig bekannt, die GRAU und die zuständige 12 GUMO haben sich dazu auch in den Statements zum 60. Jahrestag nur global geäußert. Mir sind keine ausgebauten Stellungsbereiche und deren reale Lage bekannt. Sie dürften sich aber, angesichts des notwendigen Versorgungsablaufs mit den Flüssigkeitskomponenten und deren Eigenschaften (Verdampfung, Lagerung, Toxität) nicht irgendwo, sondern in den bekannten Räumen dort oben befunden haben.
    Stand 01-2006

    Peter Rentsch,  12.01.2006