Ausweichführungsstelle Neuglobsow

Die herrlich stille und einsame Seen- u. Waldlandschaft um den Ort Neuglobsow, ca. 8 km von Fürstenberg gelegen, erlangte im Zuge der Stationierung von Raketeneinheiten in der Nähe von Fürstenberg, eine bis heute nur dunkel zu erahnende Rolle im Kalten Krieg.

Im Zuge der Aufstellung von Truppeneinheiten, mit der Möglichkeit des Kernwaffeneinsatzes im Rahmen der Divisionen und Armeen der GSSD in der DDR, wurden auch im Raum FÜRSTENBERG die Voraussetzungen geschaffen, das System der gegenseitigen Abschreckung wirken zu lassen. Neben der Verlegung von Truppen, Technik und den dazugehörigen Waffensystemen, wurden auch die baulichen Voraussetzungen geschaffen, den Einsatz dieser Systeme sicherzustellen. Neben einem neuen Lager für Kernsprengköpfe bei Himmelpfort (die älteren Einrichtungen bei Neuthymen genügten wohl den Ansprüchen an Sicherheit und gewisser Unverwundbarkeit gegenüber dem Einsatz von Punktwaffen nicht mehr) wurden auch die Voraussetzungen für den sicheren Abschuß der Raketen bei Fürstenberg geschaffen.

So wurden in der Nähe von Neuglobsow ein Gefechtsstand für die zentrale Befehlskette zu den Rampeneinheiten geschaffen, der auch eine Ausweichbefehlsstelle bei Schönborn beinhaltete. Wie Aussagen von Beteiligten belegen, waren gerade die Einrichtungen westlich von FÜRSTENBERG für die gesicherte Startvorbereitung und den Abschuß - als letztes Mittel- wichtig.

In einem erstklasssig getarnten Bunker bei NEUGLOBSOW wäre vermutlich die Befehlskette für die Handlungen in Gang gesetzt worden. Dabei war den Sowjets die Tarnung so wichtig, daß neben versenkbaren Antennen auch die Fußwege mit Tarnfarbe gestrichen waren.

Zusätzlich wurde die Bedeutung durch Understatement verschleiert. Keine Brandschutzstreifen, keine Lichttrassen und keine aufwendige Bewachung verriet die wahre Bedeutung der Anlage. Neben den Kabeln für die Nachrichtenverbindungen enthielt der Gefechtsstand einen Lageraum, Arbeitsräume, getarnte Zugänge in einer Arbeitsbaracke und eine Sauna. Diese war Tarnung - es ist ja alles normal - und untrügliches Zeichen für eine ständige Personalbesetzung zugleich.

Vermutlich diente das Objekt nicht nur dem Gefechtseinsatz, sondern auch der Ausbildung, wie ein kleines Amphietheater hinter der Baracke zeigt. Ein leider stark verfallenes Betonpanorama zeigt die mögliche Einsatzzone im Zielgebiet. Leider ist das Panarama so stark beschädigt, daß man die dargestellten Gegenden nur an den Höhenzügen der Gebirge vermuten kann.

Noch einige Jahre werden ins land gehen, dann hat die Natur sich die Anlage zurückerobert, dann hat der Frost die Zeichen des Kalten Krieges zerstört und der geschichtsbewußte Bürger die Plätze der Geschichte vermüllt.

Peter Rentsch,  31.03.2001

Das vimudeap-Team hat 2000/01 versucht, einige Standorte aus dem Raum Fürstenberg/Havel zu dokumentieren. Im einzelnen sind das:

Kaserne Neuthymen
Kaserne Vogelsang
Raketenobjekt Vogelsang
Munitionsdepot Hammelspring
Kernwaffendepot Himmelpfort
Faserstoffwerk Fürstenberg
Raketenbasis Wokuhl
Feuerstellung Neuglobsow

Thomas Kemnitz,  31.03.2001

Für alle, die sich für weitere militärtechnische Details oder Pressemeldungen um den Abzug der Raketen im Jahr 1988 interessieren, empfehlen wir den Infotext zum Objekt Wokuhl.

Thomas Kemnitz,  31.03.2001

Ich bedanke mich herzlich bei Peter Rentsch, durch dessen Zuarbeit die Informationen zum Objekt entsprechend des Informationsstandes 02/2004 aktualisiert werden konnten:
Der Name des Objektes wurde von Feuerstellung auf Ausweichführungsstelle der 2. Gardepanzerarmee geändert. Weiterhin wurden die Bildbeschreibungen ergänzt und überarbeitet.

Thomas Kemnitz,  08.03.2004

Im Verlaufe zu Forschungen zu Richtfunkverbindungen im Nordraum der DDR hat ein Historiker dem Autor ein Schema zur Verfügung gestellt, welches in der Fernsprechzentrale eines Verteilerknotenpunktes hing und von dem Finder sichergestellt wurde, ehe die Anlage zugeschüttet wurde. Über Jahre konnte der Finder mit den Informationen nichts anfangen. Die Tafel besteht aus einem Kartenteil, in dem alle geschalteten Verbindungen und deren Endpunkte verzeichnet sind. Nicht genannt ist die sicherstellende Technik der Verbindungen, aber alle Gesamtentfernungen vom Ausgamgspunkt bis zum Empfänger. Inhalt der Tafel ist auch eine Tabelle, welchen Tarnnamen der Empfänger hat und welche Entfernungen sicherzustellen waren. In der Tabelle sind zwei Denkfehler eingebaut, die zur damaligen Fehlbewertung führten. Das Verteilerzentrum hat vermutlich mit System R-409, dem beliebten Richtfunksystem der Raketentruppen auch drei Richtfunkbeziehungen zu den Feuerstellen unterhalten. Allerdings hatte der Schreiber als Richtungsmesser vermutlich nur einen halben Winkelmesser und keinen Vollkreis, sodaß man 180 Grad addieren muß, wenn der Winkelmesser auf dem Kopf liegt. Das hat der Schreibende oder der Denkende der Tafel vergessen und daher zeigte die Richtfunkverbindung in eine völlig falsche Richtung, was uns 2001 veranlaßte die direkte Verbindung nach Neuglobsow als zu der Raketenbrigade gehörig zu bewerten. So kann man sich irren. Dieser Anlagenteil, nebnst einer abgesetzten Richtfunkstelle in der gleichen Gegend und einigen Bünkerchen vom TYp USB in der Waldgegend, diente als Führungsstelle für die 2. GPA. Alle anderen inzwischen verweisenden Informationen sind eindeutig.
Peter H. Rentsch 07-2005

Peter Rentsch,  22.07.2005