Im Sommer 1939 begann die Firma Wolff & Co. in einem Waldgebiet zwischen Liebenau und Steyerberg mit dem Bau der Pulverfabrik Liebenau. Betrieben wurde sie von ihrem Tochterunternehmen, der Eibia GmbH, die bis 1945 so genanntes Pulver ohne Lösungsmittel (POL) produzierte. Es wurde als Treibladungspulver für Granaten der Rohrartillerie, für Raketengeschosse und für Raketenantriebe verwendet.
Zwischen 1939 und 1945 waren ca. 25.000 Menschen beim Bau oder dem Betrieb der Pulverfabrik Liebenau beschäftigt. Etwa 20.000 von ihnen waren Zwangsarbeiter:innen aus dem besetzten Europa, Kriegsgefangene oder Häftlinge des Arbeitserziehungslagers Liebenau.
Das im Sommer 1940 von der Gestapo in Abstimmung mit der Firma Wolff & Co. errichtete Arbeitserziehungslager war eines der ersten von über 200 in Deutschland. Dort waren vor allem ausländische Zwangsarbeitskräfte einer willkürlichen Disziplinierung, Bestrafung und Ausbeutung ausgesetzt. Bis zur Auflösung des Lagers im Mai 1943 fielen dem Terror mehr als 250 Menschen zum Opfer. Sie zählen - wie die vornehmlich sowjetischen Kriegsgefangenen und osteuropäischen Zwangsarbeiter:innen - zu den über 2.000 Todesopfern der Pulverfabrik Liebenau.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Liebenau die Produktion vieler Arten von Pulver, Sprengstoff und Munition bis 1994 fortgesetzt. Das Areal diente auch als Militärstandort für britische und US-amerikanische Streitkräfte sowie die Bundeswehr.
Seit 1999 widmet sich die Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau der Erforschung und Darstellung der Geschichte der Pulverfabrik. Initiator und »Motor« ist der Liebenauer Sozialpädagoge Martin Guse, der bereits die Geschichte des Jugend-KZ Moringen und des Jugend-KZ Uckermark erforschte.
Die Dokumentationsstelle leistet seitdem kontinuierliche Bildungsarbeit u.a. durch Geländeführungen, Vorträge, Lesungen, Workshops und Ausstellungen.
Guse und seinen Mitstreiter:innen ist es zu verdanken, dass seit den 1990-er Jahren vielfältige Kontakte zu ehemaligen Zwangsarbeiter:innen zu einer aktiven Erinnerungsarbeit führten.
Wesentlich getragen wird diese von den Jugendlichen des Vereins, die als Jugend AG die Erforschung der Geschichte der Pulverfabrik mitgestalten und den Kontakt zu ehemaligen Zwangsarbeiter:innen und deren Kindern und Enkeln pflegen. Mit Gleichaltrigen aus Belarus und der Ukraine sehen sie ihre gemeinsamen Projekte und Begegnungen als gelebtes »Nie wieder!«
Mit der am 4. November 2023 eröffneten Gedenk- und Bildungsstätte Liebenau konnte das den überlebenden Zwangsarbeiter:innen gegebene Versprechen - »Es wird einen Ort der Erinnerung an Euch geben!« - eingelöst werden.
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→ Kurzer historischer Abriss
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→ Ausstellung »Zwangsarbeit für den Krieg. Die Pulverfabrik ... 1939-1945.«
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