Weisse Häuser Rechlin

Der Waldbereich um die sogenannten »Weißen Häuser« ist trotz einiger Räumungsarbeiten nach wie vor munitionsbelastet. Das Begehen und Befahren der Flächen ist daher sehr gefährlich. Neben der Gefährdung durch die Kampfmittelbelastung besteht an den Häusern zudem Lebensgefahr durch ungesicherte, mehrere Meter tiefe Schächte. Es hat hier bereits schwere Unfälle gegeben.

Inga Olfen, Deutschen Wildtier Stiftung,  23.03.2022

Die 20m hohen, viergeschossigen Stahlbetonbauten (40er Jahre) dienten zur Erprobung der Wirkung von Bombenabwürfen und zur Verbesserung von Armierungen und Baustoffen wie -formen. Die vor Ort absurd erscheinende volksmündliche Name "Weiße Häuser" geht auf die hellen Klinkerfassaden zurück, die die Bauten einst ummantelten und von der Bevölkerung "recycelt" wurden. Die Besatzung der Luftwaffen-Erprobungsstelle Rechlin benutzte für die Objekte die Bezeichnung "Berliner Stadtviertel". Dies schürt Mutmaßungen, die Bauten sollten der Gestaltung von Wohnbauten für Speers Masterplan von Berlin dienen. Ihre geringe Größe und das bunkerhafte Innere (Vertikalschächte mit Stahlleitern verbinden die Geschosse, Absturzgefahr!) sprechen gegen eine Ausformung als Musterhäuser. Andere Indizien wie die Klinkerfassaden, Wandschmuck in Form kannellierter Betongußteile und vor allem die nach historischem Berliner Vorbild ausgeprägten Traufprofile aber zeigen, daß hier tatsächlich "Zivilbauten" errichtet wurden. Schwere strukturelle Schäden des Betonkerns halten sich in Grenzen, aber das Areal ist übersät von Bruchstücken der Dekore. Einige Architekturhistoriker haben die Fassadenformen offensichtlich in Plänen Albert Speers identifiziert. Tatsächlich bleibt aber ein Restzweifel, der eine weitere Recherche rechtfertigt. Das Vorhaben, Berlins Zivilbevölkerung in Hochbunkern unterzubringen, entspräche jedoch den perfiden Ideen des Dritten Reiches.

Westlich, in Sichtweite der Türme finden sich 1,50m starke Betonplatten mit eindrucksvollen Granateinschlägen, die offenbar Beschußtests durch schwere Feldartillerie dienten. Weiter sollte man nicht in das Areal vordringen.

Um einen Eindruck zur Historie der Luftwaffen-Erprobungsstelle Rechlin ("E-Stelle") zu gewinnen, lohnt ein Abstecher nach Rechlin-Nord ins dortige private "Luftfahrttechnische Museum" (www.luftfahrttechnisches-museum-rechlin.de).

André van Linn,  20.07.2006