Sendestelle Bölkendorf

Im Jahre 1939 beschloß das Oberkommando der Marine (OKM) den Bau eines Nachrichtenbunkers für die in Planung befindliche Führungsstelle der Seekriegsleitung südlich von Lanke bei Berlin. Die Anlage erhielt später den Decknamen "Koralle". (Im System als Vimudeap-Objekt No 023). Schwere Schäden am Nachrichtennetz Berlins, insbesondere durch die Luftangriffe am 22.11.1943, erzwangen zunächst die Auslagerung des OKM nach Kiel. Gegen Monatsende erfolgte dann die Verlegung nach "Koralle".

Bereits im August 1941 wurde von "Koralle" aus eine Tastleitung zur Funkstelle Kalbe/M. verlegt. Am Ende desselben Jahres wurden weitere Tastleitungen zu den Sendestellen Nauen, Oebisfelde und Bölkendorf verlegt.

Die Sendestelle Bölkendorf befand sich 38 km nordöstlich von "Koralle" zwischen den Ortschaften Bölkendorf und Herzsprung am Ufer des Krummen Sees. Hier erfolgte zunächst der provisorische Einsatz von 6 mobilen 10 und 20 KW Kurzwellensendern, die auf Sattelschleppern und LKWs montiert waren. Die Sende- und Hilfsfahrzeuge wurden im Karree aufgefahren und waren von der notwendigen Antennenanlage umgeben. Erst 1944 erfolgte der Bau des Bunkers als feste, teils überirdische, teils unterirdische Unterkunft für den Sender. Bölkendorf wurde durch den Ausbau zur modernsten Sendefunkstelle mit einer neuartigen Antennenanlage, deren Antennenmast ausfahrbar war und so auf die die jeweilige Frequenz abgestimmt werden konnte.

Nach Ende des Krieges erfolgte 1949 die Sprengung des Bunkers und 1993 der Rückbau mit Wiederherstellung der vor dem Bau vorhanden gewesenen Geländestruktur. Das Bauwerk ist heute verschwunden.

Zu der Bunkeranlage gehören noch verbunkerte Sender nördlich der Sendestelle. Hier sind noch die vieleckigen Fundamente der scherzhaft als "Papstfinger" bezeichneten Röhrensender erhalten, die ihren Namen durch die angeblich erste Nutzung solcher Röhren durch "Radio Vatikan" erhalten haben.

Quelle: Richter, Hans.J., Holz, Wolf-Dieter 'Deckname "Koralle" - Chronik der zentralen Marine-Funkstelle für U-Boot-Operationen im Zweiten Weltkrieg' Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, Zella-Mehlis/Meiningen, 2003.

(Eine Inhaltsangabe zum Buch finden Sie im Infotext des Objektes Koralle)

Florian Steinborn,  19.05.2004

Ich gestatte mir eine Ergänzung: der Name Papstfinger ist mir geläufig, hatte aber vermutlich einen anderen Hintergrund.

Antennen verhalten sich wie Schwingkreise. Durch kleine Änderungen an den Schwingkreisen der Sender lassen sich die Frequenzen der Sender in bestimmten Maßen ändern. Die Anpassung der Parameter der Antenne ist schwieriger, gar wenn es ein kompletter Mast ist, weil Sender und Antenne schwingungstechnisch eine Einheit bilden müssen. Anderenfalls kommt es zu Verlusten durch Fehlanpassung.

Zur genausten Anpassung der Masten an die Kapazitäten der Sender war es bei bestimmten Masten möglich, die Dachkapazitäten zu ändern, indem man die Länge des selbststrahlenden Mastes in gewissen Grenzen änderte.

Dazu konnte man ein kleines Bauteil, den sogenannten Papstfinger kontrolliert verlängern oder verkürzen, was die Eigenschwingfreuenz des Mastes veränderte. Weil dieses Ausfahren der Mastspitze wie der erhobene und mahnende Zeigefinger eines Pfaffen aussah, kam man angeblich auf den Begriff Papstfinger.

So wurde es mir zumindest bei mehreren Besichtigungen von Sendern der DP berichtet.

Peter Rentsch,  24.05.2004

This is the abridged English version of the infotext.

In 1939 the supreme command of the German navy (OKM) planned the contruction of a communications-bunker as part for the planned headquarter of naval war south of Lanke near Berlin. That construction later became known as "Koralle". Heavy damages of the Berlin communication networks (especially during the air raids of November 11th 1943) forced the moving of the OKM to Kiel. Towards the end of November 1943 the OKM moved to "Koralle".

Already in August 1941 a cable connection between "Koralle" and the radio station in Calbe/M. was created. In the end of the same year more cable connections to the radio stations in Nauen, Oebisfelde and Bölkendorf were created.

The radio station Bölkendorf was situated 38 km northeast of "Koralle" between the villages Bölkendorf and Herzsprung at the edge of the lake "Krummer See". In the beginning 8 mobile, truck-mounted, short-wave stations (with a capacity of 10 and 20 KW) were used here. Not before 1944 the bunker was constructed as a solid, partly subterranean housing for the radio station. By this expansion and the erection of a telescope radio-mast Bölkendorf became the most modern radio station.

After the end of WW II the bunker was made unusable by blasting in 1949. The remains of the bunker were removed in 1993. Today, the whole construction has vanished.

More bunkered radio stations were part of the Bölkendorf construction. North of the place of the Bölkendorf bunker the basements of tube-like radio senders can still be found.

Source:
Quelle: Richter, Hans.J., Holz, Wolf-Dieter 'Deckname "Koralle" - Chronik der zentralen Marine-Funkstelle für U-Boot-Operationen im Zweiten Weltkrieg' Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, Zella-Mehlis/Meiningen, 2003.

Florian Steinborn,  04.10.2004

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