Milchhof Berlin Pankow
»Die ›Ostmoderne‹, konkret die Moderne in der DDR, kann weder als bloßer Ableger des International Style verstanden werden, noch war sie in deutschen Traditionslinien oder sowjetischen Vorgaben gefangen.
In mehreren Schüben formte sich konfliktreich ein auf kollektive Bedürfnisbefriedigung ausgerichtetes Planungskonzept, das Anregungen der internationalen Avantgarde verarbeitete. Es zeichnete sich durch klare, oft rektanguläre räumliche Ordnungsstrukturen, einen hohen Stellenwert sozialer Einrichtungen und die Typisierung vieler Bauten aus.
Zu Wohn- und Gesellschaftsbauten in industrieller Bauweise, die der Ökonomie geschuldet war und in ihrer Vereinheitlichung zugleich ein egalitäres Ideal zum Ausdruck brachte, traten ausdrucksstarke Einzelentwürfe. Als Dominanten in den Stadtzentren oder Wohnbezirken sollten sie den Orten Charakter verleihen und einen Kontrapunkt zu Alltag setzen.
Wichtig als funktionelles und gestalterisch belebendes Element wurden vor allem Betonschalendächer, ob als Sonderprojekt, seriell in der HP-Schale oder im Industriebau das Schalenshed.
In der Produktionshalle des Milchhofs Berlin verband sich die Eleganz der schlanken Konstruktion mit der Sparsamkeitsprämisse der Montagebauweise; der großzügige Speisesaal steht für den sozialen Anspruch auch auf diesem Feld des Bauens.«
Andreas Butter, 28. Juli 2018
- Der Komplex aus der Vogelperspektive von Norden, gezeichnet vom Architekten, Günther Graw. [Industriebauten, 119]. Links die Wasseraufbereitung und der Garagenhof. In der Mitte die Produktionshalle (Shedhalle) mit Kopfbau. Davor das Eingangsgebäude. Rechts daneben das Verwaltungsgebäude mit Speisesaal und Umkleide- und Waschräumen. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8686, geladen am: 22.08.2018.
- Innenansichten der Produktionshalle mit dem Sheddach aus Fertigteilen. Aufnahmen: Brüggemann, 1960er Jahre, Bestand Günter Graw in [Ostmoderne, 82, 55]. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8683, geladen am: 21.08.2018.
Der Komplex an der Berliner Romain-Rolland-Straße wurde als »VEB Milchhof Gross-Berlin« von 1958-1961 geplant und projektiert. Die Bauausführung erfolgte von 1961-1965.
Einen internen Wettbewerb gewann der Entwurf des VEB Hochbauprojektierung Schwerin. Architekt des Komplexes war Günter Graw. Die technologische Projektierung lag in den Händen von Harry Fritze. Für die Statik zeichnen Albert Richter und Willi Rieger verantwortlich. Das Eingangsbauwerk, die Waschanlage und die Garagen gestaltete Eva-Maria Hetzer. Innenarchitektur und Farbgestaltung lagen in den Händen von Günter Kawan. [Ostmoderne, 82]
- Modellfoto der ausgeführten Anlage, von Nordwesten. Links hinten das Areal des Fuhrparks und der Wasseraufbereitung. Hinten in der Bildmitte die Produktionshalle mit Kopfbau (Shedhalle). Davor die Wasch- und Umkleideräume, der Speisesaal und das Verwaltungsgebäude. Bildautor unbekannt. Bild- und Planmaterial aus dem Besitz des Architekten Günther Graw (Schenkung), Bestand Ulrich Hartung. Überarbeitung Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8687, geladen am: 24.08.2018.
- »Vorentwurf, Modellansicht von Nordwesten; Fritz Dieter, .. . Der Architekt entwarf später die Molkerei in Strausberg und gestaltete die Kugel des Berliner Fernsehturms.« [Ostmoderne, 84]. Bildautor unbekannt, Bestand Brigitte Dieter, in [Ostmoderne, 84]. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8688, geladen am: 24.08.2018.
- Übersichtsaufnahme von Osten entlang der Romain-Rolland-Straße. Im Vordergrund das Areal des Fuhrparks und der Wasseraufbereitung. In der Bildmitte am Standort der Produktionshalle (Shedhalle) der Verbrauchermarkt »Kaufland«. Dahinter, an der einstigen Position der Wasch- und Umkleideräume, des Speisesaals und des Verwaltungsgebäudes, ein Komplex mit weiteren Einzelhandelsgeschäften. Aufnahmedatum: 23.07.2018. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8657, geladen am: 27.07.2018.
Bereits im Jahr 2004, dem Erscheinungsjahr des Buches »Ostmoderne« und dem Aufnahmejahr unserer Fotos des Speisesaals/Verwaltungsgebäudes, war die einstige Produktionshalle mit dem aus Fertigteilen errichteten Sheddach Geschichte. Als Reminiszenz an dieses befinden sich auf dem Dach des jetzigen »Kaufland«-Gebäudes an der Ost- und Westseite je sechs Bögen, die die einstige Dachform aufnehmen.
- Links: Nordostansicht der Produktionshalle (Shedhalle) mit Kopfbau. Aufnahme: Brüggemann, 1960er Jahre, Bestand Günter Graw in [Ostmoderne, 82]. Rechts: Als Reminiszenz an das Sheddach der einstigen Produktionshalle befinden sich auf dem Dach des jetzigen »Kaufland«-Gebäudes an der Ost- und Westseite je sechs Bögen, die die einstige Dachform aufnehmen. Aufnahme: Thomas Kemnitz, 23.07.2018. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8656, geladen am: 27.07.2018.
- Zufahrt zum Verbrauchermarkt »Kaufland«. Links: 2004 sind Reste des Speisesaales und das Verwaltungsgebäude noch vorhanden. Rechts: seit 2010 befindet sich an dieser Stelle ein Komplex mit weiteren Einzelhandelsgeschäften, Aufnahme 27.07.2018. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8659, geladen am: 27.07.2018.
Während mit Bau des Verbrauchermarktes »Kaufland« bereits die Produktionshalle, die Wasch- und Umkleideräume und die Hälfte des Speisesaales verschwanden, wichen im Jahr 2009 der noch verbliebene Rest des Speisesaals und das Verwaltungsgebäude einem Komplex aus weiteren Einzelhandelsgeschäften. 2016 wurden auch die Wasseraufbereitung und der Garagenhof abgerissen.
- Reste des Speisesaals und das Verwaltungsgebäude in Richtung Süden. Das Speisesaalgebäude wurde um drei Segmente gekürzt, um für die Lieferzufahrt des Verbrauchermarkts »Kaufland« Platz zu schaffen. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8662, geladen am: 27.07.2018.
- Der Rest des Speisesaals und das Verwaltungsgebäude mussten 2009 einem Komplex mit weiteren Einzelhandelsgeschäften und einem Parkplatz weichen. Aufnahmedatum: 27.07.2018. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8663, geladen am: 27.07.2018.
- Im Foyer des Verwaltungsgebäudes mit Blick Richtung Nordosten. Links ein Gang in die Tiefe des Gebäudes, rechts von der Mitte der einstige Eingangsbereich und ganz rechts Blick in den Speisesaal. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8664, geladen am: 27.07.2018.
- Büroraum im OG des Verwaltungsgebäudes. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8665, geladen am: 27.07.2018.
- Uhr in einem Büroraum im OG des Verwaltungsgebäudes, wahrscheinlich die Mutteruhr der Uhrenanlage. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8666, geladen am: 27.07.2018.
- Flur im OG des Verwaltungsgebäudes. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8667, geladen am: 27.07.2018.
- Schallisolierter Raum im Verwaltungsgebäude. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8668, geladen am: 27.07.2018.
- Das Verwaltungsgebäude von südwest. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8669, geladen am: 27.07.2018.
- Speisesaal in Richtung Süden. Aufnahme links: Brüggemann, 1960er Jahre, Bestand Günter Graw in [Ostmoderne, 83]. Rechts: Thomas Kemnitz 11.07.2004. Aufnahmedatum: 27.07.2018. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8670, geladen am: 27.07.2018.
- Speisesaal in Richtung Osten. Links: Brüggemann, 1960er Jahre, Bestand Günter Graw in [Ostmoderne, 83]. Rechts: Thomas Kemnitz 11.07.2004. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8677, geladen am: 27.07.2018.
- Speisesaal in Richtung Osten: drei Segmente des Speisesaales wurden entfernt. Der verbliebene Raum wurde mit einer Mauer verschlossen. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8678, geladen am: 27.07.2018.
- Blick in den verbliebenen Rest des Speisesaals in Richtung Westen. Links Tür zur Küche. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8679, geladen am: 27.07.2018.
- Blick aus dem Speisesaal auf die Ostfassade des Verwaltungsgebäudes. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8680, geladen am: 27.07.2018.
- Im an das Verwaltungsgebäude anschließende, erste Element des Speisesaales befand sich im EG der Eingang und im OG ein 2. kleinerer Speisesaal mit Durchreiche. Blick Richtung Nordosten. Rechts der Speisesaal. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8682, geladen am: 27.07.2018.
- Blick Richtung Osten durch eine Durchreiche im Verwaltungsgebäude in einen kleineren Speisesaal im 1. OG des Speisesaalgebäudes. Aufnahmedatum: 11.07.2004. © Thomas Kemnitz. → Milchhof Berlin Pankow, Deutschland. Bildnummer: 8681, geladen am: 27.07.2018.
Für die Dauerausstellung »Zwangsarbeit für den Krieg. Die Pulverfabrik Liebenau 1939-1945.« der Gedenk- und Bildungsstätte Liebenau wurde die Virtual Reality Anwendung »Pulverfabrik 360°« erstellt.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Geschichte des Werkes und der Menschen, die unfreiwillig dort arbeiteten und in großer Zahl ums Leben kamen.
Mit der VR-Anwendung ist es möglich, die Ruinen der einstigen Produktionsgebäude in ihrem heutigen Zustand per VR-Brille im Kontext ihrer einstigen Nutzung zu betrachten.
Mit dem Bildband »Stillgelegt - 100 verlassene Orte in Deutschland und Europa« präsentieren wir eine weitere Perspektive auf das Thema »Toter Ort« im VIMUDEAP-Kontext. Die drei Autoren Robert Conrad, Michael Täger und Thomas Kemnitz arbeiten seit Jahren erfolgreich im Projekt VIMUDEAP zusammen. Der großformatige Bildband entstand 2015 auf Initiative des DuMont Reiseverlages. Er ist im Herbst 2023 in seiner 3. überarbeiteten Auflage erschienen.
Seite aufrufen25 Jahre nach dem Mauerfall gelingt es der Serie des Berliner Fotografen Robert Conrad, das inzwischen verschwundene Symbol des Kalten Krieges mahnend wiederzuerrichten und Erinnerungen wachzurufen.
Seite aufrufenMit »VERGESSENE ORTE in Berlin und Brandenburg« ist im November 2019 im Mitteldeutschen Verlag ein Buch erschienen, daß man zweifelsohne als weiters VIMUDEAP-Buch bezeichnen kann.
In seinem Bild-Text-Band erzählt der Architekturfotograf, Bauhistoriker und VIMUDEAP-Autor Robert Conrad eine Geschichte des 20. Jahrhunderts in der Region Berlin-Brandenburg.
Eine Auflistung unserer Präsentationen, Vorträge, Interviews ... sowie der Medienberichte über uns.
Seite aufrufenIn unserem kleinen Spreadshirt-Shop können Sie eine Kapuzenjacke mit dem VIMUDEAP Logo zum Herstellungspreis bestellen.
Externen Link öffnenDie Online-Ausstellung ist ein Plädoyer für den Erhalt der baugebundenen Kunst der DDR! Wir zeigen 40 Fotografien des Cottbusser Architekten und Fotografen Martin Maleschka, die als Bildpaare und Einzelbilder präsentiert werden. Sie zeigen 20 baugebundene Kunstwerke verschiedener Techniken und aus unterschiedlichen Materialien aus 16 Städten der ehemaligen DDR.
Seite aufrufenDie erste VIMUDEAP Onlineausstellung bestreitet der Londoner Künstler Angus Boulton. Mit seinem Werk »41 Gymnasia« erinnern wir an den 20. Jahrestag des Abzuges der Sowjetischen Truppen aus Deutschland.
Seite aufrufenDie verlassene sowjetische Bergarbeiterstadt »Pyramiden« auf der arktischen Insel Spitzbergen ist für die Norweger Elin Andreassen, Hein Bjerck und Bjørnar Olsen in ihrem Projekt RUINMEMORIES Gegenstand archäologischer Forschungen und Reflexionen zum Thema »Moderne Ruinen«.
Wir freuen uns, Ausschnitte ihrer Arbeit als weitere Perspektive auf das Thema »ungenutzte Architektur« präsentieren zu können!
Vor 30 Jahren ereignete sich am Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl der bisher schlimmste Atomunfall der Zivilisationsgeschichte, der bis heute tausende Menschenleben forderte. Während weiterhin versucht wird, den Unglücksreaktor mit schützenden Hüllen zu umgeben, konserviert die einstige Schlafstadt »Prypjat« ihren damaligen Zustand beharrlich. Die Bilder von Michael Täger geben diesen ausschnitthaft und in beeindruckender Art und Weise wieder.
Seite aufrufenDer Schulkomplex auf dem Großen Ziegenberg in Ballenstedt hat als Ort der Elitenbildung eine Geschichte als »Staatliche Nationalpolitische Bildungsanstalt - Ballenstedt« (»Napobi Ballenstedt«, später »NPEA Anhalt in Ballenstedt«) und als »Bezirksparteischule ›Wilhelm Liebknecht‹ der SED-Bezirksleitung Halle«. Der Beitrag präsentiert die im Jahr 2010 entstandenen Aufnahmen und skizziert die Nutzungs- und Baugeschichte.
Seite aufrufenDie Inhalte der in den Jahren 2005/2006 von uns produzierten und in der Edition Vimudeap erschienenen CD/DVD zur untertägigen Anlage »Malachit/Komplexlager 12« wurden im Jahr 2014 remastered. Für die Präsentation innerhalb des Virtuellen Museums der Toten Orte wurden die Einzelbilder, 360° Rundblicke und interaktiven Karten neu aufbereitet.
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Das 2004 anläßlich der gleichnamigen Ausstellung erschienene Buch »Ostmoderne - Architektur in Berlin 1945-1965« von Andreas Butter und Ulrich Hartung half mir persönlich nicht nur, die mich umgebenden Bauten einzuordnen oder das eine oder andere Objekt für das VIMUDEAP-Projekt zu dokumentieren - nein, es formte auch erstmalig den inzwischen gebräuchlichen Begriff der Ostmoderne als eigene Kategorie der Nachkriegsmoderne.
Ich bedanke mich bei den beiden »Ostmoderne«-Autoren für die Unterstützung! Es freut mich, dass Andreas Butter für diesen Beitrag den Begriff »Ostmoderne« nochmals definiert und das hier vorgestellte Objekt in diesen Kontext setzt.
Thomas Kemnitz, 23. August 2018