Komplexlager 12 / Malachit Halberstadt
Zu dieser größten DDR Bunkeranlage haben wir im Jahr 2005 eine interaktive CD-ROM und 2006 eine DVD produziert. Sie waren in erster Linie dafür bestimmt, die begonnene touristische Nutzung der Anlage zu unterstützen. Sie sind in der Edition Vimudeap erschienen und wurden über den Handel vertrieben. Die DVD war auch in der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge erhältlich.
Sowohl die CD- als auch die DVD-Auflage ist seit 2009 vergriffen. Die Anlage selbst wird nicht mehr touristisch genutzt.
Die nachfolgenden Texte sollen Informationen zur Geschichte der Anlage vermitteln
→ Ausstellungsflyer der Gedenkstätte Langenstein Zwieberge
→ Booklet der CD Die ehemaligen »Malachit«-Stollen
→ Text für das Voiceover des Intros der DVD Malachit / Komplexlager 12
(Switch to English version)
Text des Booklets zur CD-ROM »Die ehemaligen Malachitstollen«. Edition Vimudeap 2005/2006 edition.vimudeap.de/die-ehemaligen-malachit-stollen
Das Objekt 16/630, das Komplexlager 12
Paul Bergner, © 2005 by FB-Verlag Basdorf, www.ddr-bunker.de
"Die Komplexlager der NVA spielten, eingebunden in die Militärdoktrin des Warschauer Vertrages, in der operativen Planung der NVA eine wichtige Rolle. Die gesamten militärischen Einrichtungen auf dem Territorium der DDR bildeten eine funktionale Einheit. Dazu gehörten neben den Sperrgebieten, Truppenübungsplätzen, Konzentrierungs- und Sammelräumen, den Zeitweiligen Umlade Räumen, das Militärtransportwesen der Reichsbahn, die bestätigten Marschstraßen, auch die Komplexlager.
Die Untertägigen Anlagen waren Bestandteil der zwei vorgeschobenen Versorgungsbasen der NVA, die die Aufgabe hatte, die materiellen Mittel der Truppe in allen Versorgungsarten in den wahrscheinlichen Handlungsräumen der Landstreitkräfte bereitzustellen. Das Komplexlager 12 war beispielsweise Bestandteil der vorgeschobenen Versorgungsbasis 12.
Vorteile der Untertägigen Anlagen waren, daß sich wegen der deutlich besseren Lager- und Schutzbedingungen für Waffen und Gerät, auch der Verschleiß des Materials in wesentlich geringerem Maße bemerkbar machte als bei der relativ ungeschützten Freilagerung. Weiterhin wurden geringere Flächen für militärische Zwecke benötigt. Dadurch reduzierten sich die Folgekosten und eine teilweise Amortisierung der hohen Baukosten war möglich.
Am südwestlichen Rand von Halberstadt befinden sich die sogenannten Thekenberge. Es handelt sich um Felsformationen aus Sandstein, die in dieser Gegend charakteristisch für die dem Harz vorgelagerten Erhebungen sind. Sie beherbergten während der Zeit des 2. Weltkrieges eine Stollenanlage für die Junkers Werke. Geplant war die Herstellung von Bauteilen von Turbinentriebwerken für Flugzeuge.
Auf Grund eines »Führerbefehls« vom 21.04.1944 über den Schutz und die Verlagerung kriegswichtiger Werke wurden systematisch untertägige Anlagen erkundet und ausgebaut.
Das Stollensystem mit dem Decknamen »Malachit« wurde ab April 1944 durch Häftlingen des KZ Buchenwald (Außenlager Langenstein-Zwieberge) unter unmenschlichen Bedingungen errichtet. Insgesamt sollen bis zum April 1945 ca. 16 Kilometer Stollen vorgetrieben worden sein. Heute befindet sich beim Dorf gleichen Namens an der Stelle des ehemaligen Lagers eine Gedenkstätte mit einer sehenswerten Ausstellung. Etwa 1900 Häftlinge aus vielen Ländern überlebten die mörderischen Arbeitsbedingungen in diesem Lager nicht. Im Verlaufe der »Todesmärsche« dieser Häftlinge im April 1945 fanden nochmals etwa 2500 von ihnen den Tod.
Aufbauend auf den Resten dieses untertägigen Rüstungsbetriebes wurde das Stollensystem seit etwa 1975 erkundet, ab 1980 neu aufgefahren und in einigen Teilflächen erneut ausgebaut. Dieser »Neubau« umfaßt ca. 7 km Tunnel .
Einige Teilbereiche der Anlage blieben aus verschiedenen Gründen ungenutzt. Meist waren diese Teile durch Sprengungen unbrauchbar. Für einen Gefechtseinsatz hätten diese Räume eine erhebliche Luftreserve für den Betrieb der Anlage im Verschlußzustand gesichert.
Die bergmännischen Abteufungs-, Vortriebs- bzw. Auffahrarbeiten wurden durch den Betrieb Schachtbau Nordhausen in Zusammenarbeit mit Erzprojekt Leipzig durchgeführt. Soldaten des Pionierbauregimentes 12 aus Torgau leisteten einen wesentlichen Teil der Arbeiten.
Im Zentrum des »Hauptvolumens« der Anlage befindet sich, durch Drucktore abgeschottet, ein eigenständiges Schutzbauwerk für das Personal mit Unterkunfts- und Technikbereich mit einer Kapazität für 250 Personen - die Betten auch hier in 3 Etagen an der Decke hängend, eine große Küche mit »Speisesaal«.
Weitere Räume dienen offensichtlich der Logistik. Materialien zu den verschiedenen Waggonarten der Reichsbahn deuten auf entsprechende Aktivitäten. Weiterhin eine automatische Telefonzentrale, Wasserversorgung, groß dimensionierte Schleusen- und Sanitärbereiche für die zugeordneten Kräfte, Überhaue mit Notausstieg zur Luftversorgung und -aufbereitung, Filterstrecken, eben ein »Bunker im Bunker«.
Auch im damaligen Komplexlager 12 der NVA wurden umfangreiche Reserven gelagert. Erklärungen aus der Wendezeit sprechen von ca. 9.000 Tonnen Material. (Also rund 500 Waggons der Reichsbahn je 18 Tonnen). Dabei soll es sich um ca. 5.500 Tonnen Munition und 3.500 Tonnen Bekleidungs- und Ausrüstungs-Material gehandelt haben. Laut mir vorliegenden Dokumenten hatte die 65 ha grosse Anlage 1989 einen Wert von ca. 190 Mio. DM.
Nach der Wende seien noch etwa 8.000 Tonnen weitere Munition und Bewaffnung zu den oben angeführten Lagerbeständen gekommen. Die neuen Vorschriften der Bundeswehr sehen aber eine untertägige Lagerung von Waffen und Munition nicht mehr vor. Deshalb wurde in der Folgezeit die gesamte Bewaffnung und Munition ausgelagert, an NATO-Verbündete übergeben oder »verkauft«. Mit erheblichem finanziellen und materiellen Mitteln wurden durch die Bundeswehr Instandsetzungen und Umrüstungen durchgeführt. Besonders in den Sanitäranlagen fallen die letzten neuen Armaturen auf.
Am 15.12.1993 verließ der letzte Eisenbahnzug die UTA. Das Luftwaffenmaterialdepot 52 der Bundeswehr stellte seinen Dienst ein. Auch die Kontrollkarte mit der Nummer 2 für den »big Boss« wurde überflüssig.
In dieser Stollenanlage (einem der abgeworfenen Teilbereiche) wurde bereits nach 1965 das damals ausgemusterte Geld der DDR eingelagert. Nach der Währungsunion geschah das gleiche mit dem nunmehr »wertlosen« Papiergeld der Staatsbank der DDR. Am 5.10.2001 meldet die Lokalseite der Magdeburger Volksstimme, daß in diese Anlage eingebrochen wurde. Zwischenzeitlich wurden die Reste des Geldes geschreddert und verbrannt. Übrig bleibt ein interessantes Baudenkmal, das gegensätzliche Abschnitte deutscher Geschichte repräsentiert.
(Alle Zahlenangaben entstammen unterschiedlichen Quellen. Es wurde der am häufigsten genannte Wert übernommen.)"
(Switch to English version)
Sprechertext des Intros der DVD »Malachit / Komplexlager 12«. Edition Vimudeap 2006 edition.vimudeap.de/malachit-komplexlager-12
Malachit / Komplexlager 12 - Die geheime Stollenanlage in den Thekenbergen bei Halberstadt/Harz
Paul Bergner, © 2006 by FB-Verlag Basdorf, www.ddr-bunker.de
"Schon ab 1940 war es den amerikanischen und britischen Bomberverbänden möglich, Ziele in Deutschland anzugreifen. Der Einsatz der Großverbände richtete sich ab 1943 nun auch am Tage gegen die deutsche Rüstungsindustrie. Einen Schwerpunkt bildeten dabei die deutschen Flugzeugwerke, in denen erfolgreich neue Flugzeugtypen, wie Strahljäger, entwickelt wurden.
Auf Grund eines sogenannten Führerbefehls zum Schutz und der Verlagerung kriegswichtiger Werke wurden systematisch untertägige Anlagen erkundet und ausgebaut.
Unter dem Decknamen »Malachit« wurde für die am Südwestrand von Halberstadt gelegenen Thekenberge eine unterirdische Fertigungsstätte für Flugzeugturbinenteile der Firma Junkers projektiert. Vorgesehen war die Errichtung eines Stollensystems von 40.000 bis 60.000 Quadratmetern Grundfläche. Die Umsetzung erfolgte ab April 1944 durch einen zivilen Baustab und die SS-Bauleitung B2.
Das als Außenlager des KZ Buchenwald dafür errichtete Konzentrationslager Langenstein-Zwieberge sollte die notwendigen Arbeitskräfte bereitstellen. Unter unmenschlichen Bedingungen wurden bis zum Kriegsende ca. 13 Kilometer Stollen vorgetrieben und teilweise ausgebaut. Etwa 1900 Häftlinge aus vielen Ländern überlebten diese Sklavenarbeit nicht. Im Verlauf der Todesmärsche im April 1945 fanden nochmals 2500 von ihnen den Tod.
Am 11. April 1945 befreiten amerikanische Truppen die noch verbliebenen 1000 Häftlinge.
Die Erinnerung an die Opfer und ihre Leiden wird bis heute durch die Arbeit der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge wachgehalten. Sichtbare Zeichen sind neben der Dauerausstellung unter anderem die »Tage der Begegnung« zwischen ehemaligen Häftlingen und Jugendlichen, der weitere Erhalt des in den 60er Jahren auf den ehemaligen Massengräbern errichteten Denkmalkomplexes oder das Zugänglichmachen von Teilen des Stollensystems.
Ins öffentliche Bewußtsein gelangte die seit 1995 in Privatbesitz befindliche Stollenanlage, nachdem ein Teil des nach der Wiedervereinigung überflüssig gewordenen und dort eingelagerten Geldes der Staatsbank der DDR gestohlen wurde.
Die Stollen wurden nach Kriegsende geplündert und von den sowjetischen Streitkräften beräumt. Auch wenn die danach befohlende Sprengung nicht gelang, galt die Anlage offiziell als zerstört und konnte auch im Rahmen der Arbeit der Gedenkstätte nicht besichtigt werden. In den 60er Jahren wurden die Stollen systematisch erforscht. Als sogenannter »Schatz der Volkwirtschaft« wurden verschiedene Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Nutzung, beispielsweise als Großkühlhaus, untersucht. Auch das Ministerium für Staatssicherheit schenkte den Stollen seine Aufmerksamkeit. Die Suche nach den darin vermuteten geraubten Kunstschätzen der Nazis endete nach einigen Suchgrabungen erfolglos.
Mit der Übernahme und der Erkundung der Anlage durch die Nationale Volksarmee blieb es ab den 70er Jahren aus Gründen der Geheimhaltung bei der Legende des zerstörten Stollensystems.
Das dann Anfang der 80er Jahre entstandene Komplexlager 12 der NVA hatte als Teil der vorgeschobenen Versorgungsbasis 12 die Aufgabe, die materiellen Mittel der Truppe in allen Versorgungsarten in den wahrscheinlichen Handlungsräumen der Landstreitkräfte bereitzustellen. Dabei sollen es sich um ca. 5.500 Tonnen Munition und 3.500 Tonnen Bekleidungs- und Ausrüstungsmaterial gehandelt haben. Das neu aufgefahrene und in einigen Teilflächen erneut ausgebaute Stollensystem umfaßte ca. 7 Kilometer Tunnel. Die ausführenden Betriebe waren der VEB Schachtbau Nordhausen in Zusammenarbeit mit dem VEB Erzprojekt Leipzig. Soldaten des Pionierbauregimentes 12 aus Torgau leisteten einen wesentlichen Teil der Arbeiten.
Nach der politischen Wende in der DDR übernahm die Bundeswehr die Anlage. Da die Vorschriften der Bundeswehr eine untertägige Lagerung von Waffen und Munition nicht mehr vorsehen, wurde in der Folgezeit die gesamte Bewaffnung und Munition ausgelagert. Mit erheblichen Aufwand wurde eine Instandsetzung und Umrüstung durchgeführt und die Anlage als Luftwaffenmaterialdepot 52 bis zum Jahresende 1993 genutzt.
Durch Drucktore abgeschottet befindet sich im Zentrum des »Hauptvolumens« der Anlage ein eigenständiges Schutzbauwerk, das über ein großzügig dimensioniertes Schleusensystem zugänglich ist. Dieser »Bunker im Bunker« mit seiner Unterteilung in Unterkunfts- und Technikbereich war für eine Kapazität von 250 Personen Stammpersonal und 100 Personen zugeteilte Kräfte ausgelegt. Den Unterkunftsbereich bestimmen die Schlafräume mit 3-etagigen, von der Decke hängenden Betten, Räume für die medizinische Versorgung und sanitäre Einrichtungen. Vom einem diagonal durch diesen Bunker führenden Stollen zweigen ausserdem Bürotrakte, eine Küche mit großem Speisesaal und andere Versorgungs- und Sicherstellungsbereiche ab. Der Technikbereich beherbergte u.a. die automatische Telefonzentrale, die Wasser- und Luftversorgungsanlagen sowie die Netzersatzanlage. Alle Betriebs- und Gefechtszustände wurden von einer Dispatcherzentrale aus gesteuert.
Heute präsentiert sich die Stollenanlage als ein in sehr gutem Zustand erhaltenes technisches Denkmal aus der Endzeit des Kalten Krieges. Das Objekt kann auf Anfrage beim heutigen Besitzer, einem Kölner Investor, besichtigt werden. Ein Besuch weckt die Erinnerung und das Gedenken an die einstigen Erbauer."
Für die Dauerausstellung »Zwangsarbeit für den Krieg. Die Pulverfabrik Liebenau 1939-1945.« der Gedenk- und Bildungsstätte Liebenau wurde die Virtual Reality Anwendung »Pulverfabrik 360°« erstellt.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Geschichte des Werkes und der Menschen, die unfreiwillig dort arbeiteten und in großer Zahl ums Leben kamen.
Mit der VR-Anwendung ist es möglich, die Ruinen der einstigen Produktionsgebäude in ihrem heutigen Zustand per VR-Brille im Kontext ihrer einstigen Nutzung zu betrachten.
Mit dem Bildband »Stillgelegt - 100 verlassene Orte in Deutschland und Europa« präsentieren wir eine weitere Perspektive auf das Thema »Toter Ort« im VIMUDEAP-Kontext. Die drei Autoren Robert Conrad, Michael Täger und Thomas Kemnitz arbeiten seit Jahren erfolgreich im Projekt VIMUDEAP zusammen. Der großformatige Bildband entstand 2015 auf Initiative des DuMont Reiseverlages. Er ist im Herbst 2023 in seiner 3. überarbeiteten Auflage erschienen.
Seite aufrufen25 Jahre nach dem Mauerfall gelingt es der Serie des Berliner Fotografen Robert Conrad, das inzwischen verschwundene Symbol des Kalten Krieges mahnend wiederzuerrichten und Erinnerungen wachzurufen.
Seite aufrufenMit »VERGESSENE ORTE in Berlin und Brandenburg« ist im November 2019 im Mitteldeutschen Verlag ein Buch erschienen, daß man zweifelsohne als weiters VIMUDEAP-Buch bezeichnen kann.
In seinem Bild-Text-Band erzählt der Architekturfotograf, Bauhistoriker und VIMUDEAP-Autor Robert Conrad eine Geschichte des 20. Jahrhunderts in der Region Berlin-Brandenburg.
Eine Auflistung unserer Präsentationen, Vorträge, Interviews ... sowie der Medienberichte über uns.
Seite aufrufenIn unserem kleinen Spreadshirt-Shop können Sie eine Kapuzenjacke mit dem VIMUDEAP Logo zum Herstellungspreis bestellen.
Externen Link öffnenDie Online-Ausstellung ist ein Plädoyer für den Erhalt der baugebundenen Kunst der DDR! Wir zeigen 40 Fotografien des Cottbusser Architekten und Fotografen Martin Maleschka, die als Bildpaare und Einzelbilder präsentiert werden. Sie zeigen 20 baugebundene Kunstwerke verschiedener Techniken und aus unterschiedlichen Materialien aus 16 Städten der ehemaligen DDR.
Seite aufrufenDie erste VIMUDEAP Onlineausstellung bestreitet der Londoner Künstler Angus Boulton. Mit seinem Werk »41 Gymnasia« erinnern wir an den 20. Jahrestag des Abzuges der Sowjetischen Truppen aus Deutschland.
Seite aufrufenDie verlassene sowjetische Bergarbeiterstadt »Pyramiden« auf der arktischen Insel Spitzbergen ist für die Norweger Elin Andreassen, Hein Bjerck und Bjørnar Olsen in ihrem Projekt RUINMEMORIES Gegenstand archäologischer Forschungen und Reflexionen zum Thema »Moderne Ruinen«.
Wir freuen uns, Ausschnitte ihrer Arbeit als weitere Perspektive auf das Thema »ungenutzte Architektur« präsentieren zu können!
Vor 30 Jahren ereignete sich am Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl der bisher schlimmste Atomunfall der Zivilisationsgeschichte, der bis heute tausende Menschenleben forderte. Während weiterhin versucht wird, den Unglücksreaktor mit schützenden Hüllen zu umgeben, konserviert die einstige Schlafstadt »Prypjat« ihren damaligen Zustand beharrlich. Die Bilder von Michael Täger geben diesen ausschnitthaft und in beeindruckender Art und Weise wieder.
Seite aufrufenDer Schulkomplex auf dem Großen Ziegenberg in Ballenstedt hat als Ort der Elitenbildung eine Geschichte als »Staatliche Nationalpolitische Bildungsanstalt - Ballenstedt« (»Napobi Ballenstedt«, später »NPEA Anhalt in Ballenstedt«) und als »Bezirksparteischule ›Wilhelm Liebknecht‹ der SED-Bezirksleitung Halle«. Der Beitrag präsentiert die im Jahr 2010 entstandenen Aufnahmen und skizziert die Nutzungs- und Baugeschichte.
Seite aufrufenDie Inhalte der in den Jahren 2005/2006 von uns produzierten und in der Edition Vimudeap erschienenen CD/DVD zur untertägigen Anlage »Malachit/Komplexlager 12« wurden im Jahr 2014 remastered. Für die Präsentation innerhalb des Virtuellen Museums der Toten Orte wurden die Einzelbilder, 360° Rundblicke und interaktiven Karten neu aufbereitet.
Seite aufrufen
Ausstellungsflyer der Gedenkstätte aus dem Jahr 2003
Mit freundlicher Genehmigung, Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge
→ www.halberstadt.de/de/gedenkstaette-langenstein-zwieberge.html
"Nach ihrer Machtübernahme im Januar 1933 erteilten die Nationalsozialisten staatliche Großaufträge an Flugzeugkonzerne. Ihr Ziel war es, eine leistungsfähige Luftwaffe für einen geplanten Angriffskrieg aufzubauen.
Zur Steigerung der Produktion errichteten die beauftragten Firmen neue Betriebsteile und führten effektivere Arbeitsabläufe ein.
1939 begann das nationalsozialistische Deutschland den Zweiten Weltkrieg. An Stelle der zur Wehrmacht eingezogenen deutschen Arbeiter beschäftigte die Flugzeugindustrie ausländische Zivilarbeiter, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Seit 1941 mussten auch zunehmend KZ-Häftlinge für die Luftrüstung arbeiten, zu Beginn des Jahres 1944 waren es bereits 36 000.
Den Alliierten gelang es seit 1940 Ziele auf deutschem Territorium zu bombardieren. Ab 1943 konzentrierten sie ihre Angriffe besonders auf die deutschen Flugzeugwerke. Diese schienen bald so stark gefährdet, dass die nationalsozialistische Führung die Verlagerung der wichtigsten Produktionsstätten unter die Erde anordnete.
Im März 1944 lagen im Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion erste konkrete Planungen für ein Untertage-Projekt in den Thekenbergen hei Halberstadt vor. Vorgesehen war der Bau von Stollen mit 40 000 - 60 000 m Grundfläche. Das Ministerium beabsichtigte, Produktionsanlagen für Flugzeugteile dorthin zu verlagern. Es erteilte dem Bauvorhaben die Tarnbezeichnung »Malachit«.
Die Bauleitung für dieses und andere Projekte übertrug das Ministerium dem Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS. Es errichtete in der Nähe der Baustelle ein Außenkommando des Konzentrationslager-Buchenwald - das KZ Langenstein-Zwieberge. In den Unterlagen der SS erschien es unter der Bezeichnung B2«.
In den Hoppelbergen, wenige hundert Meter von der Großbaustelle Malachit entfernt errichteten Häftlinge des Konzentrationslagers Langenstein-Zwieberge eine weitere unterirdische Anlage: Die »Mafisch«-Stollen. Sie sollten die Geschützrohr-Fertigung Krupp-Gruson-Werke Magdeburg aufnehmen. Die Bauleitung hatte die Organisation Todt (0T), eine militärisch strukturierte Bauorganisation. Im November 1944 wurden die Arbeiten am Projekt »Maifisch« eingestellt. Das Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion zählte es nicht zu jenen »Mindestbauvorhaben«, die trotz des allgemeinen Mangels an Material, Gerät, Energie und Facharbeitern noch realisiert werden durften.
Unzureichende Ernährung und Kleidung, Misshandlungen, schwere Arbeit, schlechte hygienische Bedingungen, mangelnde medizinische Versorgung und ungenügender Arbeitsschutz führten zu einer hohen Sterblichkeit unter den Häftlingen. Hinzu kamen häufige Hinrichtungen. In den Unterlagen der SS sind 1875 im Lager verstorbene Häftlinge registriert. Häftlingsleichen wurden zur Einäscherung in das städtische Krematorium Quedlinburg gebracht. In den letzten Wochen des Bestehens des Lagers warf man sie nackt in Massengräber.
Höhlen gab es in und um Halberstadt bereits vor dem Zweiten Weltkrieg. 1944 begannen in vielen von ihnen Bauarbeiten. Im Garten des ehemaligen Lokals »Neu-Kamerun« entstanden Baracken für ein Zwangsarbeiterlager. Aus der Gaststätte »Landhaus« wurde im April 1944 ein KZ. Es war bald überfüllt und bekam eine Scheune als »Zweigstelle«.
Im Sommer 1944 zog das KZ in ein Barackenlager bei den Zwiebergen um. Häftlinge hatten es errichtet. Zur Arbeit wurden die Häftlinge in Kommandos eingeteilt.
Begehrte »gute« Kommandos waren solche in denen der Meister oder Vorarbeiter wenig schlug, die Häftlinge zusätzliche Verpflegung erhielten und die zu verrichtende Arbeit körperlich zu bewältigen war. Schlechte Kommandos trugen nach jeder Schicht ihre Toten ins Lager.
Häftlinge überlebten durch Solidarität oder Entsolidarisierung, durch Widerstandswillen, durch Glauben, durch Liebe. Ausgemergelte Gestreifte verlegten auch Versorgungsleitungen und Gleise, brachen Gesteinsmassen aus den Felsen, legten getarnte Halden an.
Am 11. April 1945 war für Halberstadt der Krieg zu Ende. Das Trümmerräumen begann. Allmählich verschwanden die Schienen aus der Landschaft. Das »Landhaus« wurde wieder Ausflugslokal. Es blieben die Stollen. Und die Gräber.
In der zweiten Kriegshälfte stieg die Zahl der Konzentrationslager rapide an. Die SS nahm daher »Volksdeutsche« aus anderen Ländern auf und bildete sie in Schnellkursen zu KZ-Aufsehern aus. Wenn sie Häftlinge für große Bauvorhaben einsetzte, verlangte sie, dass die künftigen Nutzer einen teil der Bewacher zu stellen hätten. Das Projekt »Malachit« sollte der Luftrüstung dienen. Häftlinge des Lagers Langenstein-Zwieberge wurden deshalb zeitweise auch von Angehörigen der Luftwaffe bewacht.
Die Wachmannschaften zeigten sich Häftlingen gegenüber ein breites Verhaltensspektrum. Das von bestialischer Brutalität über Korrektheit bis Entgegenkommen reichte. Den Arbeitsalltag der Häftlinge bestimmten im Wesentlichen zivile Meister und Vorarbeiter. Auch die Meister und Vorarbeiter zeigten den Häftlingen gegenüber ein breites Verhaltensspektrum: Es reichte von bestialischer Brutalität über Teilnahmslosigkeit bis zu selbstloser Hilfe.
Am 9. April 1945 befahl die SS allen gehfähigen Häftlingen, sich auf dem Appellplatz zu Marschkolonnen zu formieren. Im Verlaufe des Tages verließen rund 3000 Mann das Lager, etwa 1400 blieben zurück. Befürchtungen, wonach die Zurückgebliebenen liquidiert würden, bestätigten sich nicht. Die Lebensmittelversorgung des Lagers wurde jedoch gänzlich eingestellt.
Die ausgerückten Häftlingskolonnen trieb die SS zunächst tagelang nach Osten, dann nach Norden, dann nach Westen. Während des Marsches erhielten die geschwächten Menschen kaum Nahrung. Besonders vor und hinter den Ortschaften erschossen SS-Leute jene, die vor Schwäche nicht mehr gehen konnten. Die Kolonnen verkleinerten sich rapide. Von Todesangst getrieben, wagten viele Häftlinge Fluchtversuche. Die Geflohenen waren in ständiger Gefahr, von Volkssturmmännern oder Polizisten ergriffen zu werden. Ergreifung bedeutete meist den Tod.
Die letzten Häftlingsgruppen des Lagers marschierten noch am 22. April 1945. Ein Teil der Funktionshäftlinge war jedoch bereits am 11. April durch die SS entlassen worden:
Vermutlich am 11. April 1945 wurde das Lager bei den Zwiebergen von amerikanischen Soldaten entdeckt. Sie fanden über 1000 Gefangene noch lebend, viele aber schon tot. Bereits 1947 waren die Baracken des Lagers vollständig abgetragen. Die Fläche des früheren Appellplatzes wurde landwirtschaftlich genutzt.
Auf Initiative der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) ließen die Kreise Blankenburg, Quedlinburg und Wernigerode bis 1949 vier der vorhandenen Massengräber einfassen und bepflanzen. Ein Mahnmal erinnerte nun an das Leid der Opfer. In den Jahren 1966 - 1968 entstand auf diesen Gräbern ein befestigter Versammlungsplatz. Die umgebaute Anlage erhielt ein größeres Denkmal. Beim Bau und der Pflege der Mahnmale engagierten sich viele Freiwillige. Einwohner von Langenstein und Halberstadt pflegten den Kontakt zu ehemaligen Häftlingen.
Das Ausstellungsgebäude, in dem Sie sich zur Zeit befinden, ließ die SED 1976 errichten. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 übernahm der Landkreis Halberstadt die Verantwortung für die Gedenkstätte. Seit 1994 wird sie durch das Land Sachsen-Anhalt getragen. Ein Förderverein unterstützt ihre Arbeit.
Nach Umbau und Sanierung des Hauses konnte im Jahr 2001 diese Dauerausstellung der Öffentlichkeit übergeben werden. Sie sind eingeladen, an der Entwicklung der Gedenkstätte mitzuwirken.
Unmittelbar nach Kriegsende wurden die Malachit-Stollen zunächst geplündert, dann unter der Aufsicht sowjetischer Streitkräfte systematisch beräumt. Anschließend befahl die Rote Armee die Sprengung des gesamten Stollensystems, die jedoch nicht gelang.
In den 60er Jahren verstanden staatliche Behörden der DDR die Tunnel als »Schatz der Volkswirtschaft« und prüften verschiedene Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Nutzung - unter anderem als Großkühlhaus für Lebensmittel. Das Ministerium für Staatssicherheit betrachtete die Stollen als mögliches Versteck der Nationalsozialisten für geraubte Kunstschätze. Es veranlasste mehrere erfolglose Suchgrabungen.
Ab 1979 baute die Nationale Volksarmee der DDR Teile der Untertageanlage zu einem Militärstützpunkt aus. Zwischen 1990 und 1994 wurde der Stützpunkt durch die Bundeswehr verwaltet.
1994 ging die Stollenanlage aus Bundeseigentum in Privatbesitz über. In einige besonders gesicherte Abschnitte des Tunnelsystems wurde DDR-Geld auf unbestimmte Zeit eingelagert.
Das Land Sachsen-Anhalt bemüht sich darum, einen Teil der Stollen für Besucher der Gedenkstätte zugänglich zu machen."