Haus der Räte Königsberg (Kaliningrad)

Als "Haus der Räte" geplantes, nicht vollendetes Hochhaus im Zentrum von Kaliningrad

Das frühere Königsberg wurde im Spätsommer 1944 durch britische Bomberverbände weitgehend zerstört, die verbissene Verteidigung der Stadt als "Festung" gegen die Sowjetarmee im Winter 1944/45 bedingte neben ungeheuren Leiden bei Verteidigern und Angreifern, vor allem aber bei der eingeschlossenen Zivilbevölkerung die weitere großflächige Zerstörung von Bausubstanz. Im Zentrum der nach Kriegsende der Sowjetunion zugesprochenen Stadt blieb noch bis 1970 die Ruine des preußischen Krönungsschlosses stehen. (Immerhin fast zwei Jahrzehnte länger als die des Berliner Stadtschlosses.)

Ab 1970 erfolgte auf Geheiß des damaligen sowjetischen Staatsoberhauptes Leonid Breschnjew die symbolträchtige Vernichtung aller noch vorhandenen Überreste des Bauwerkes. Keine Zeugnisse des "preußisch-deutschen Militarismus" sollten mehr die inzwischen in Kaliningrad umbenannte Stadt verunzieren. Die Bemühungen von internationalen und lokalen Denkmalpflegern und Bürgern Kaliningrads für einen Wiederaufbau statt der Zerstörung blieben erfolglos.

An der Stelle des alten Schlosses wurde, ebenfalls symbolträchtig, ein gigantischer Repräsentationsbau projektiert. Im Rahmen des sozialistischen Neuaufbaus der Stadt unter der Leitung des Chefplaners Jurij Pokrowski entstand auf den Kellergeschossen der geschleiften Schloßanlage ein 19geschossiger Stahlbetonbau als Zeichen der neuen, sowjetischen Geschichte der Stadt. Das als Veranstaltungs- und Verwaltungsgebäude vorgesehene Hochhaus mit der Bezeichnung "Dom Sowjetow" ("Haus der Räte") wurde in den 80er Jahren rohbaufertig fertiggestellt. Auch ein teilweiser Innenausbau, z.B. die Anbringung von Wandverkleidungen aus weißem Marmor, wurde in den folgenden Jahren noch vorgenommen, ehe die Arbeiten -vermutlich Ende der 80er Jahre - dann gänzlich abgebrochen wurden. Seitdem dominiert der gewaltige, nicht nutzbare Betonkolloss das Kaliningrader Stadtzentrum. Als Gründe für diesen Wandel vom Propagandaprojekt zur Investruine sind Finanzierungsprobleme, aber auch Planungsfehler bei der Fundamentierung anzunehmen.

Robert Conrad,  17.10.2000