Autobahnfragmente RAB (A4)

Der Bau des Autobahnabschnitts Bautzen – Görlitz als Teil der geplanten Schnellstraßenverbindung Schlesien – Sachsen wurde von der Organisation Todt in der Zeit des „Dritten Reiches“ begonnen, jedoch aufgrund der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges nicht mehr abgeschlossen. Die Arbeiten kamen nie über Streckentrassierungen und die Errichtung erster Straßenbrücken hinaus.

In der Erwartung der planmäßigen Fertigstellung des gesamten Verkehrsprojektes waren diese Brücken – noch bevor man Autobahn und kreuzende Landstraßen an sie herangeführt hatte – bereits vollständig erstellt worden: mit fertigem Straßenprofil und Pflasterung, Geländern, Entwässerung und kunstvoller Werksteinverkleidung der Betonkonstruktion.

Nach dem Krieg und der Festlegung der neuen Grenze zu Polen hatte das Autobahnprojekt seine Bedeutung verloren - trotz der immer wieder betonten sozialistischen Bruderbeziehung zwischen der DDR und der VR Polen.

Übriggeblieben waren die Brückenbauten, die nun als anachronistische Zeugnisse einer anderen Zeit wie Torbauten auf den Äckern östlich von Bautzen herumstanden. Einige dienten als zeitweiliger Regenschutz für landwirtschaftliches Gerät, Stroh oder Rüben, einen anderen Nutzen vermochte man ihnen nicht abzugewinnen.

Gerade in dieser Nutzlosigkeit wirkten die gewaltigen, akurat und bis in das Detail sorgsam ausgeführten Bauten hilflos und anrührend.

Im vergangenen Jahrzehnt wurde die Autobahnstrecke Bautzen – Görlitz im Rahmen des Programmes „Aufbau Ost“ etwa sechzig Jahre nach dem ersten Baubeginn schließlich fertiggestellt. Die alten Verkehrsbauten, nicht mehr dem Stand der heutigen Technik entsprechend, wurden dabei abgerissen.

Robert Conrad,  20.07.2002

Der folgende Text stellt die gekürzte Version eines geschichtlichen Abrisses zur Autobahnstrecke A4 dar, der ohne Autorennennung unter autobahn-online.de veröffentlicht wurde.

Autobahnbau in Deutschland -
zur Geschichte der A 4


Schon in den frühen 20er Jahren wurden angesichts des zunehmenden Kraftfahrzeugverkehrs in mehreren europäischen Staaten Pläne für die Anlage von
leistungsfähigen "Nur-Autostraßen" entwickelt. In Deutschland war es der 1926 gegründete "Verein zur Vorbereitung einer Autostraße Hansestädte – Frankfurt a.M. Basel (HaFraBa)", der die ersten Planungen für ein Netz solcher "Nur-Autostraßen" konkretisierte. Ab 1929 wurde bereits der Begriff "Autobahn" verwendet.

Es dauerte noch bis 1932, ehe das erste 20 km lange Stück Autobahn mit verkehrstechnischer Nutzung in Deutschland zwischen Köln und Bonn eröffnet werden konnte. Ein Jahr später kam mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten allerdings schon das Aus für die ersten deutschen Autobahnpioniere. Aus "HaFraBa" wurde 1933 "GeZuVor" (Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen). Die schon weit fortgeschrittenen Planungen der "HaFraBa" für ein Autobahnnetz in Deutschland wurden kurzerhand übernommen, nicht ohne sie nach Kräften für Propagandazwecke ("Straßen des Führers") auszuschlachten. Die Umsetzung der ehrgeizigen Autobahnpläne lag fortan in Händen des Generalbauinspektors für das deutsche Straßenwesen (GI)", Dr.-Ing. Fritz Todt.

Wenige Monate nach Machtergreifung wurde im Mai 1933 der erste Spatenstich für das Reichsautobahnnetz am Abschnitt Frankfurt/Main – Mannheim vorgenommen. Fünf Jahre später waren bereits 3000 Autobahnkilometer fertiggestellt. In den Kriegsjahren wurde der Autobahnbau – bis auf wenige Ausnahmen – nicht fortgesetzt. Bei Kriegsende gab es 3860 km Reichsautobahn – weite Strecken davon stark beschädigt und nicht befahrbar.

Auch die heutige A 4 geht zurück auf die frühen Überlegungen des "HaFraBa"-Vereins. Die gedanklichen Pioniere des Autobahnbaus in Deutschland hatten sich
schon Ende der 20er Jahre mit der Idee einer Nur-Autostraße von Kassel über Erfurt und Leipzig nach Dresden und darüber hinaus bis Breslau beschäftigt. Unter der Ägide des "GeZuVor" erhielt die Realisierung des Abschnitts Eisenach – Dresden als eine der wichtigsten Grundnetzstrecken höchste Priorität.

Nach der faktischen Auflösung der "GeZuVor" Ende 1935 wurden deren Aufgaben von regionalen "Obersten Bauleitungen der Reichsautobahnen (OBRen)"
übernommen. Die Aufgabe der für Sachsen zuständigen OBR Dresden bestand zunächst darin, die noch von der "GeZuVor" ausgearbeiteten Pläne für die "Strecke 83
Dresden – Chemnitz – Meerane" in die Tat umzusetzen. Am 21. März 1934 erfolgte der feierliche 1. Spatenstich an der AS Dresden-Altstadt. Von hier aus wurde der
Bau sukzessive in Richtung Westen vorangetrieben.

Außerdem wurde geprüft, inwieweit auch in der Oberlausitz mit dem Bau der Reichsautobahnen begonnen werden konnte, da gerade in Ostsachsen zu diesem Zeitpunkt die Arbeitslosigkeit besonders hoch war. Ergebnis der Verhandlungen: Im Herbst 1935 wurde auch der Abschnitt Dresden – Bautzen zum sofortigen Bau freigegeben.

Von nun an wurde unter Einsatz Tausender vor Arbeitskräften mit Hochdruck an zahlreichen Teilstücken der Autobahn gearbeitet.

Doch die hochgesteckten Bauziele konnten nicht verwirklicht werden. Zwar wurden im westlichen Bereich der A 4 die Arbeiten nach Kriegsausbruch zunächst noch
fortgesetzt, so daß 1941 die AS Eisenach-West, wenn auch weitgehend nur mit einer Richtungsfahrbahn, erreicht war. (Die Fertigstellung der zweiten Richtungsfahrbahn erfolgte hier in den Jahren 1968-73.)

Im Sommer 1942 wurde der Autobahnbau mit wenigen Ausnahmen in Deutschland generell eingestellt.
Auch beim Autobahnabschnitt Dresden – Görlitz verhinderte der Ausbruch des 2. Weltkrieges die Fertigstellung des Projektes, so daß mit der Einstellung der Arbeiten 1940 ein Autobahntorso übrigblieb. Nach dem Baubeginn im September 1936 konnte die A 4 abschnittsweise wie folgt freigegeben werden:

04.12.1938
AS Dresden-Nord – AS Ottendorf-Okrilla (10,3 km)

01.07.1940
AS Ottendorf-Okrilla – AS Uhyst (27,2 km)

03.10.1938
AS Uhyst – AS Bautzen-West (14,2 km)

01.07.1940
AS Bautzen-West – AS Bautzen-Ost I Spreetalbrücke

01.07.1940
AS Bautzen-Ost – AS Weißenberg (18,3 km)

Die Befahrbarkeit der Autobahn zwischen Dresden und Weißenberg war damit im Juli 1940, wenn auch zum Teil nur einbahnig, gegeben.

Östlich von Weißenberg hat man noch 1939/1940 mit den Bauarbeiten begonnen, die jedoch kurz darauf eingestellt wurden. Die Maßnahmen bezogen sich vor allem
auf den Brückenbau (z.B. für die geplanten Anschlußstellen Weißenberg und Nieder Seifersdorf). Zwischen Nieder Seifersdorf und dem heutigen Tunnel durch die Königshainer Berge waren bereits Erdbauarbeiten im Gange (z.B. ist südlich Oberwald die damals freigeschlagene Trasse mit ersten Erdbaumaßnahmen heute noch gut erkennbar).

Am 19. April 1945 wurde durch die Deutsche Wehrmacht die Spreetalbrücke zwischen Bautzen-West und Bautzen-Ost gesprengt, so daß nach dem Krieg nur die
Abschnitte zwischen Dresden und der AS Bautzen-West sowie Bautzen-Ost bis Weißenberg nutzbar waren.

Recherche: Robert Conrad,  20.07.2002

Eine Zeitgenössische Propaganda-Darstellung zeigt den betreffenden Abschnitt und weitere Planungen in Sachsen.

Robert Conrad,  21.07.2002

Sehr interessante Website, auf die ich durch Zufall gestossen bin, macht weiter so!

Einige Anmerkungen zu den Autobahnrelikten Bautzen-Görlitz hätte ich noch: Bild 1-5 zeigt die Brücke bei Nieder-Seifersdorf (in Bild 5 ist rechts ein Baumstreifen zu erkennen, der Graben dahinter war auch schon verrohrt, heute führt die Strasse darüber, die Brücke wurde abgerissen). Bild 6-7 zeigt die Brücke über den Weissen Schöps (noch vorhanden), Bild 8-9 die Brücke bei Weissenberg, ca. 100m nach Autobahnende (abgerissen).
Als weitere Fragmente gab bzw. gibt es noch eine ca. 150m lange Dammaufschüttung in Höhe Rastplatz Buchholz (noch vorhanden, links in FR Görlitz), Brückenwiderlager in Arnsdorf (abgerissen), ein ca. 1km langer Damm mit Bachbrücke (rechts, teils von der neuen A 4 genutzt), eine komplette Brücke ( rechts, kurz vor der Tunneleinfahrt), ein Einschnitt und eine Brücke über die Dorfstrasse in Kodersdorf ( genutzt bzw abgerissen) sowie in Ludwigsdorf eine Srassenbrücke und ein Widerlager mit zwei Pfeiler der Neissebrücke, verbunden mit einem Damm (im Zuge des Baus des GÜ verschwunden).

Uwe Teschner,  01.02.2006

Mit Stand 17. Juli 2006 haben folgende Abschnitte/Fragemente der ehemaligen RAB Einzug in das Virtuelle Museum der Toten Orte gehalten:
Autobahnfragmente, Bautzen-Görlitz, D

RAB Elbing-Königsberg, südlicher Teil, PL

RAB Elbing-Königsberg, nördlicherTeil, RUS

RAB Strecke 46, Gräfendorf, D

Thomas Kemnitz,  17.07.2006