ADN-Funkempfangsstelle Weesow

Sendestelle des ADN (Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst) der DDR

Der ADN war die Presse- und Informationsagentur der Regierung der DDR. Die »Hauptverwaltung« des ADN, der natürlich von der SED politisch gesteuert wurde, befand sich in der Nähe des Alexanderplatzes in Berlin.

Aufgabe war das Sammeln von Informationen aus offenen Quellen aus aller Welt, um tagesaktuell ein Bild von den Geschehnissen in der Welt wiedergeben zu können.
Es wurden die Ereignisse in der Welt bewertet und als Reprint in die DDR gesendet. Ebenso wurden die neusten Meldungen aus der DDR in diese Länder gesendet, da ein Postversand viel zu umständlich und zeitraubend gewesen wäre. Bildfunk war relativ sicher und schnell.
Dazu wurde an den Botschaften und Handelsvertretungen der DDR in aller Herren Länder eine Auswertung der Tagesereignisse, Sport, Landespolitik und weiteren Informationen vorgenommen. Dies hatte nichts mit Geheimdiensten, wie immer vermutet, zu tun, sondern war die Arbeit einer Presseagentur wie heute auch. Es wurden nicht nur Informationen gesendet , sondern auch in zweiseitigem Funk empfangen.

Wessow war fernmeldetechnisch sehr günstig im Bereich der leistungsfähigen Reichspost-kabel um Berlin (Fernkabelring) gelegen. Damit war die Sendestelle ausgezeichnet an Berlin, an Biesenthal und alle weiteren wichtigen Institutionen angebunden. Geografisch und sende-technisch war der Standort WEESOW, ausserhalb des Ballungsraumes Berlin und günstig unter Funkausbreitungsbedingungen gelegen. Für die Verbindungen wurden vermutlich gerichtete Langdrahtantennen, die der Ausrichtung auf die Empfangsstationen folgten, genutzt. Die Verbindungen erfolgten über Langwelle und Kurzwelle. Der Senderaum stand in der Mitte der Anlage, um die sich strahlenförmig die Antennen in den genannten Richtungen befanden. Über Sendefeldrichtungsumschalter konnten die Sender abgeglichen an die An-tennen geschalten werden. Ein ausgeglichen moderenes Konzept. In einer lang gestreckten Sendekeule waren so eine ganze Reihe fester Empfangspunkte in guter Qualität erreichbar. Dazu zählten Chile, Argentinien, die damaligen »jungen Nationalstatten« ebenso, wie alle sozialistischen Staaten.

Die Informationen wurden nicht per Tastfunk gesendet, sondern der Informationsinhalt über optische Abtastverfahren (Lichtrotorverfahren oder besser Bildfunk) aus Papier oder Zeitungen oder anderen Medien entnommen und zeilenweise gesendet. Auf der Empfänger-seite wurde das Bild über einen Zeilenschreiber wieder zusammengesetzt. Für Printmedien übrigens das gleiche Verfahren, wie die Übermittlung wichtiger Presseerzeugnisse von Berlin in die Bezirksstädte über Richtfunk erfolgte.
Das Abtastverfahren erfolgte über eine rotierende Trommel und war zeitaufwendig, doch das störte bei einigen, nur monatlich erscheinenden Zeitungen nicht, beim Neuen Deutschland mußte das bevorzugt und fixer gehen.

Leider befindet sich dieses Denkmal der Geschichte der Funktechnik in einem sehr schlechten Zustand. Über Jahre waren noch die gerichteten Antennenfelder zu sehen. Diese sind heute bereits zurückgebaut und die Tage der Gebäude sind gezählt. Im runden Sendesaal war über Jahre ein Steckfeld vorhanden, auf dem die Verbindungen zwischen Sender und Hauptsenderichtung geschalten werden konnten. Die Arbeit war verantwortungsvoll und in dieser architektonisch einmaligen Anlage sicher auch interessant. Schade daß sie so verfällt.

In der Nähe der Sendestelle des ADN hat ein weiterer Nutzer die hervorragenden Ausbrei-tungsbedingungen des Bodes und der Umgebung für ein Funksendezentrum genutzt. Das MfS betrieb bis 1989 in eigener Regie, später noch kurze Zeit durch andere Bedienstete eine Funkstelle für den Funkverkehr zu den Botschaften der DDR. Eine Abteilung des MfS stellte diesen Funkverkehr technisch sicher, die Informationen gelangten dann über die genannten Kabelnetze und neue Sonderkabel zu den Nutzern. Beide Funkstellen sind ausser Betrieb.

Peter Rentsch,  29.08.2005

Unter ddr-im-www.de/Themen/ADN.htm können wir folgendes lesen:

"Der ADN ist die staatliche Nachrichten- und Fotoagentur der DDR mit Sitz in Berlin (Ost). Nach dem Statut vom 14.07.1966 ergeben sich die Aufgaben des ADN aus dem Programm der SED, den Beschlüssen des ZK und den Erlassen, Verordnungen und Beschlüssen des Staats- sowie des Ministerrates der DDR.

Mit Hilfe der Nachrichtengebung in Wort und Bild trägt ADN als wichtiges Instrument der Medienpolitik der SED zur "Entwicklung und Festigung des sozialistischen Bewußtseins" bei und informiert Presse, Rundfunk und Fernsehen in der DDR "aktuell und parteilich" über alle aus dieser Sicht interessanten Ereignisse auf allen Gebieten. Die parteipolitische Verpflichtung gilt auch persönlich: "Die Mitarbeiter des ADN haben sich in ihrer Tätigkeit ständig für die Durchsetzung der Politik der Partei der Arbeiterklasse und des sozialistischen Staates einzusetzen."

Entscheidend für die Nachrichtenpolitik des ADN sind die Wertung und Auswahl der Nachrichten und die Art ihrer Verbreitung. Nachrichtengebung wird verstanden als "Agitation durch Tatsachen."

ADN als einzige in der DDR beziehbare Nachrichtenagentur wertete dazu die Dienste von über 60 Agenturen anderer Staaten aus (Filterfunktion), unterhielt eigene Korrespondenten und Mitarbeiter in vielen Ländern sowie in 14 Bezirksdirektionen in der DDR.

Im Jahre 1979 war der ADN-Fernschreib-Basisdienst (täglich etwa 70.000 Wörter) in verschiedene Bereiche gegliedert: Ausland, DDR, Berlin, Wirtschaft, Landwirtschaft, Kultur und Sport, ergänzt durch einen Artikeldienst mit Beiträgen seiner Auslandskorrespondenten. In seinem deutsch- und fremdsprachigen (engl., franz., russ., span., arab.) drahtlosen Nachrichtendiensten für das Ausland (etwa 40.000 Wörter täglich) hatte ADN die Aufgabe, das Geschehen in der DDR und deren Politik "überzeugend" darzustellen.

Neben seinem allgemeinen Nachrichten- und Fotodienst (ca. 70 Motive durch "ADN-Zentralbild") gab ADN mehrere gedruckte Informationsdienste heraus, darunter nur für einen ausgewählten Personenkreis bestimmte (bspw. mit Hintergrundinformationen, KP-Interna, Westinformationen etc.)

ADN unterlag dem Weisungsrecht des Vorsitzenden des Ministerrates, welches durch das Presseamt ausgeübt wurde. Der Generaldirektor von ADN wurde ebenfalls vom Vorsitzenden des Ministerrates (ab-)berufen.

ADN war 1946 als GmbH gegründet worden und war seit dem 1. Mai 1953 Staatseigentum. ADN wurde - zusammen mit anderen osteuropäischen Agenturen - im September 1970 Mitglied der "Allianz europäischer Nachrichtenagenturen".

Den Markennamen ADN gab es bis zum April 2000.
Quelle: DDR Handbuch, Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.), Verlag Wissenschaft und Politik, Bonn im August 1979"

Unter ddr-im-www.de/Aktuelles/Sonstiges/030400.htm wird über den Verbleib des Markennamens berichtet.

Thomas Kemnitz,  29.08.2005

Leider ist die genaue Funktion der einzelnen Räume nicht mehr ohne weiteres ablesbar. Hinzu kommt, dass ich selbst auch von den Abläufen zu wenig verstehe. Ich habe deshalb, versucht, auf Spekulationen in den Bildbeschreibungen zu verzichten.

Eine Frage stellt sich mir natürlich: Wozu brauchte dieses Objekt eine Tankstelle? Die Netzersatzanlage hatte einen eigenen Tank. Sollte mobile Technik dort aufgetankt werden? Wenn ja, wo war sie untergebracht?

Meiner Meinung nach kommt man mit der folgenden Vermutung den Tatsachen viellicht etwas näher: Da es ja, wie Peter schreibt, Bildfunk war, wurden also empfangene Nachrichten auf Papier gedruckt bzw. Gedrucktes eingelesen und gesendet. Eine elektronische Speicherung dieser doch beträchtlichen Datenmengen war nicht möglich.
Also musste jedes empfangene oder zu sendende Stück Papier transportiert werden. Wenn es also einen ADN-eigenen Kurierdienst zwischen Weesow und Berlin bzw. anderen ADN-Standorten gab, konnten die Kurierfahrzeuge so unabhängig vom (nicht sehr dichten) öffentlichen Tankstellennetz aufgetank werden.
Die Beschriftungen weisen einen Tank für Vergaserkraftstoff und einen für Diesel aus.

Es wäre schön, wenn an dieser Stelle diese und andere offene Fragen geklärt werden könnten.

Thomas Kemnitz,  30.08.2005

Wie die aktuelle Situation vor Ort ist, kann ich nicht sagen.
Interessante Bilder vom Januar 2005 gibt es in einem Bericht unter hidden-places.de.

Thomas Kemnitz,  30.08.2005

Ein "Denkmal" weniger, ein Fledermausquartier mehr...
Arbeiten in 3.´06 so gut wie beendet.

René,  23.03.2006

Die Empfangsstelle des ADN, mit Sitz in Berlin, war geografisch hervorragend ausgesucht und störte auch die Arbeit der in der Nähe befindlichen weiteren Station des diplomatischen Funks nicht.

Im Gebäude selbst, das auch repräsentativ u. baulich noch Stil hatte, gab es den grossen Schaltsaal mit den Empfängern und technisch den Anspruch, die ausgezeichnet geeigneten Rhombusantennen (präzise Ausrichtung, hoher Antennengewinn) von einem Antennenverteiler, auf die jeweiligen Empfänger im Gebäude zu schalten.

Ursprünglich, also nach der Bauphase, waren 9 Tragwerke mit Rhombusantennen vorhanden. Ob diese später, unter Aufgabe von Platz für andere Richtungen erweitert wurden, oder neue Tragwerke hinzukamen, ist momentan nicht ganz geklärt.

Um eine Arbeit in mehreren Richtungen, wie auch mit mehreren Empfängern zugleich zu gewährleisten, gab es verschiedene Wahlmöglichkeiten. 13 Antennenkabel mit entsprechenden Empfängern, konnten auf 9 Tragwerke geschalten werden. Zu beachten ist sicherlich, dass die Ausrichtung der Antennen, mit den damals sicherzustellenden Orten der Korrespondenten der ADN in Gleichklang war, welche ihrerseits verschiedene Regionen zu bearbeiten hatten, ohne in jedem Staat auf dem Kontinent einen Repräsentanten des ADN zu haben. Das war letzten Endes auch eine Valuta Frage, also der Mittel.

Es wurden errichtet:

Tragwerk 1, Hauptrichtung Tokio 44 Grad,

Tragwerk 2, Peking und Shanghai 56 Grad,

Tragwerk 3a, Paris / Santiago und

Tragwerk 3b, Moskau / Maila 67,5 Grad,

Tragwerk 4, Bukarest, 128 Grad

Tragwerk 5, Sofia und Budapest, 174 Grad,

Tragwerk 6, Tanger, 227 Grad,

Tragwerk 7, Paris 246 Grad,

Tragwerk 8, Oxford 271 Grad,

Tragwerk 9 New York, 296 Grad.

Vermessung Autor, Stand 01-2022

Peter Rentsch,  25.01.2022