RAB Elbing-Königsberg südlicher Teil

Eine Autobahnstrecke als Objekt zu bezeichnen und mit einem Kartenpunkt zu markieren ist schon gewagt ... . Wenn sie als historische Strecke dann auch noch durch die Nachkriegsordnung unterbrochen wird und an Orten mit neuen Namen vorbeiführt und auch eigentlich nicht ganz tot ist, wird es schwierig.

Dennoch hat sich die Vimudeap-Redaktion bemüht, sowohl dem Objekt als auch den Definitionen gerecht zu werden.

. Als Objektnamen
haben wir die ursprüngliche Bezeichnug 'Reichsautobahn' gewählt, um der Strecke als totem Ort eine weitere Dimension zu geben. Immerhin handelt es sich nicht um eine an einer Grenze endende Straße, sondern um eine Autobahntrasse, deren zweite Spur nie fertiggestellt wurde und zahlreiche Fragmente allein aus dieser Zeit aufweist.

. Die deutschen Städtenamen Elbing und Königsberg
repräsentieren die Nutzungszeit als zweispurige Reichsautobahntrasse zwischen dem heutigen Elblag auf polnischer Seite und dem russischen Kaliningrad.

. Die Aufteilung in zwei Objekte
spiegelt sowohl die Nachkriegssituation als auch Gegenwart und nahe Zukunft wider. Selbst nach Kaltem Krieg, sozialistischem Bruderbund, Perestroika und wiederaufgenommenen Bauarbeitung zur erneuten Inbetriebnahme der Strecke markiert sie heute wieder eine Grenze - die Aussengrenze der EU. Daraus ergibt sich auch im Vimudeap eine Zweiteilung:

. RAB Elbing-Königsberg, südlicher Teil, PL
. RAB Elbing-Königsberg, nördlicher Teil, RUS

Thomas Kemnitz,  25.02.2004

Am 1.Mai 1933 veröffentlichte Adolf Hitler ein Programm zum Bau von Autobahnen, indem sich ein dichtes Netz von vierspurigen Autostraßen über Deutschland spannen sollte. Verschwiegen wurde aber, daß die detaillierten Pläne zum Autobahnbau aus den zwanziger Jahren stammten (Weimarer Republik). Das erste Autobahnteilstück Deutschlands war im August 1932 zwischen Köln und Bonn freigegeben worden. Im Herbst 1934 befanden sich rund 1.500 Autobahnkilometer im Bau.

Die Autobahnen wurden von den Nationalsozialisten auf vielfältige Weise zu Propagandazwecken eingesetzt. Gezielt wurden Zahlen und Fakten überzeichnet oder gefälscht, um Legenden ins Leben zu rufen. Der so geschaffene Mythos Reichsautobahnen war ein „Katalysator kollektiver Wünsche“ nach Grandiosität, nach Tilgung der deutschen Schmach des verlorenen I Welt Krieges.

Göring bezeichnete die Autobahnen 1938 als die „...genialste Voraussetzung für eine Mobilmachung Deutschlands, die der Führer überhaupt geschaffen hat...“. Skeptisch äußerte sich hingegen das Militär, ein Autobahnnetz zu schaffen, welches ganz Deutschland überspannen sollte. Einige Generäle befürchteten, dass die Autobahn feindlichen Flugzeuggeschwadern als Orientierungshilfe dienen könne. Aus diesem Grund wurden ab 1937 die Fahrbahnen schwarz
eingefärbt.

Ebenso wird die Kriegswichtigkeit der Autobahnen häufig überschätzt. Planung und Durchführung des Projektes waren zwar in die allgemeinen Kriegsvorbereitungen integriert. Letztendlich spielten die Autobahnen im Zweiten Weltkrieg so gut wie keine Rolle. [Pehnelt], [Stommer], [Schütz/Gruber]

Andreas Voss,  25.02.2004

Im Jahre 1938 war der Fernstraßenbau in Ostpreußen zu einem Höhepunkt gekommen. Es wurde dadurch eingeleitet, das am 3.Dezember 1938 die gesamte Strecke zwischen den beiden Städten Elbing und Königsberg für den Kraftverkehr freigegeben wurde. Zeitgleich erfolgte im Zuge der Festungsringstraße die Fertigstellung der Pregelbrücke bei Palmburg. Im selben Jahr wurde mit dem Bau der Samland-Autobahn begonnen und die Planung für die Linie Königsberg-Gumbinnen-Insterburg aufgenommen.

Jedoch wurden sehr viele Vorhaben zum Autobahnbau im deutschen Reich, aus den Zeiten der Weimarer Republik übernommen. Jetzt wurden, unter der NS-Regierung, diese großartigen Vorhaben der Organisation Todt (OT) zur Bauausführung übergeben. Die einzelnen Autobahn-Programme reflektierten die fast überall anzutreffenden monumentalen Neubauten im Reich. Der Werbe- und Präsentationsfaktor war natürlich riesig.
Um die Landesverteidigung und weitere Arbeitsplätze zu sichern, wurde mit Vorrang ab 1934 der Berliner Ring-Stettin-Bütow sowie die Strecke zwischen Ebing und Königsberg fortwährend ausgebaut. Enorme Erdbewegungen waren hinsichtlich der Erschließung der RAB im Bereich Elbing/Königsberg zu verzeichnen. So wurde beispielsweise ein 220m langer Viadukt bei Elbing-Ost über die Eisenbahnlinie Richtung Marienburg, sowie die Querung der Flüsse Hommel und Elbing errichtet. Dafür wurde durch die OT die neueste Technik herangeschafft, an denen nicht nur deutsche Arbeitsdienstmänner ihre Arbeit verrichteten, sondern auch Arbeiter aus der Tschechei und den Niederlandern. Die Unterbringung erfolgte auf freier Flur, in sogenannten „RAB-Lagern“.
Parallel hierzu liefen schon die Vermessungsarbeiten der 120-km-Strecke im Bereich Königsberg-Gumbinnen. Der Einsatz von Mensch und Material konnte im Frühjahr 1939 stattfinden. Der Autobahnbau wurde bis Kriegsbeginn ununterbrochen weiter voran getrieben.

Trotz des gewaltigen Arbeitsaufwandes konnten die vorgesehen vier Spuren nur an den Anschlussstellen der Autobahn verwirklicht werden. Die bereits vierspurig angelegte Trasse ist im Ganzen nur zweispurig befestigt worden. Vorbereitungen für einen vierspurigen Ausbau wurden bereits geschaffen. Besonders gut zu erkennen ist dies an Brückenelementen. Diese wurden doppelt so breit gefertigt wie sie in der provisorischen Bauphase überhaupt benötigt wurden. [PAZ]

Andreas Voss,  25.02.2004

»Die Stille ist unheimlich, beklemmend. Ich stehe mitten auf der ostpreußischen Autobahn, fünfzig Kilometer vor Königsberg. Aber es kommt kein Wagen. Es kommt überhaupt nichts. Zwischen den Betonplatten wuchert Gras. Und vom Mittelstreifen kriecht Moos über die Fahrbahn, jedes Jahr ein paar Zentimeter weiter. Noch einmal zwanzig Jahre und die Autobahn ist unter Unkraut verschwunden.
Polnische Landkarten ahnen das offenbar voraus – sie haben die Autobahn zwischen Elbing und Königsberg schon gar nicht mehr verzeichnet. Man findet auch nirgends in den Dörfern rechts und links irgendwelche Hinweisschilder. Neunundneunzig Kilometer Beton durch ostpreußisches Land sind offiziell also gar nicht vorhanden.
Eine Stunde warte ich auf zaghafte Ansätze von Verkehr. Vergeblich. Das heißt, ganz stimmt das nicht – einmal kommt doch „Verkehr“. Ein Radfahrer. ... An der Ausfahrt Braunsberg biegt er ab. Dann lastet wieder Stille über der Betonpiste. Eine unheimliche, lähmende Stille. Eine gefährliche Stille.« [Hoffmann, S. 25]

»Die Grabesstille beunruhigt mich. Denn nur drei Kilometer nördlich liegt die vermutlich undurchdringlichste Grenze Europas: zwischen Polen und der Sowjetunion. Quer durch Ostpreußen ließ Stalin eine breite Narbe ins Land kerben. Todesstreifen, Stacheldraht, Bunker, Bewachungstürme, beiderseits Schwerbewaffnete – das ist diese schnurgerade Willkürgrenze. Keine Straße, kein Weg, nicht einmal Trampelpfade überbrücken sie. Eine Demarkationslinie zwischen Freunden, die sich zutiefst misstrauen.
Ich wage nicht, noch näher an diese Grenze heranzufahren.« [Hoffmann, S. 26]

Andreas Voss,  25.02.2004

Die 1966er Verkehrskarte der Wojewodschaft Olsztyn zeigt den Streckenverlauf als durchgehende Trasse ins russische 'Niemandsland', obwohl er das seit dem Potsdammer Abkommen nicht mehr war.

In der polnischen Verkehrskarte des Jahres 1994 ist die Autobahn nicht mehr eingezeichnet.

Robert Conrad,  25.02.2004

Die gegenwärtige Situation zeigt sich dadurch, das die Autobahn nur noch in Teilstücken befahrbar ist. Der polnische Teil bis zur russischen Grenze ist von vielen Brückenquerungen gekennzeichnet, welche sich dominant nur als Brücke darstellen ohne dazugehörige Anbindung.
Fährt man weiter Richtung Nordosten, so fällt dem Betrachter immer mehr -eine Art Ruhe auf. Fast schon faszinierend wenn man bedenkt, man befindet sich auf einer Autobahn. Ursache hierfür werden die vielen Unterbrecher dieser Trasse sein. Besonders in Höhe Braniewo/Braunsberg häuft sich die Anzahl der Talquerungen. Sämtliche wurden bei herannahen der Roten Armee, von Wehrmachtseinheiten gesprengt, um der russischen Militärmaschine Steine ins Mahlwerk zu legen.
Sehr beeindruckend wirken diese Steinbrocken aus Stahl und Beton rechts und links entlang der Betonplatten-Trasse, die als Überquerung der RAB dienten, in Richtung russischer Grenze. Bis zum Fluß Omaza direkt an der Grenze, akkumulieren diese Rudimente regelrecht.
Diese Betontrasse verengt sich, je stärker der Weg nach Osten führt. Moose, Pappeln und sonstiges Gehölz erobert sich zurück, was genommen wurde. An einigen Stellen gehen Beton und Moos eine Art Symbiose ein. Beton bleibt erhalten, Moose und Flechten fangen hier an zu leben.
Die Qualität der Straßendecke (bedenkt man das Alter) ist trotzdem doch noch als recht gut zu bezeichnen. Größere Ausbesserungsmaßnahmen der Betonplatten sind eher selten anzufinden, da die derzeitige Verkehrsdichte dies noch nicht begründen würde. Geplant ist es, wieder eine durchgängige Verbindung der beiden Städte zwischen Elblag und Kaliningrad aufzunehmen.

Andreas Voss,  25.02.2004

Nach jahrzehntelangem Dornrösschenschlaf im Grenzgebiet soll die Autobahn in den nächsten Jahren vom russischen Kaliningrad bis zum polnischen Elblag fertiggestellt bzw. neugebaut werden. Die auf einer Konferenz der Verkehrsminister in Gdansk beschlossene Lastenteilung sieht vor, daß Rußland für den Bau von 42 Streckenkilometern bis zur polnisch-russischen Grenze aufkommt und Polen für seinen Streckenbereich und zusätzlich für einen Zollübergang für 1.8 Millionen Last- und 300.000 Personenkraftwagen. [PAZ]

Andreas Voss,  25.02.2004

Stommer, Rainer (Hrsg.): Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten Reichs, Marburg 1982

Robert Conrad,  25.02.2004

Schütz, Erhard / Gruber, Eckhard: Mythos Reichsautobahn, Bau und Inszenierung der „Straßen des Führers“, Berlin 1996

Robert Conrad,  25.02.2004

Egbert A. Hoffmann, 'Ostpreußen heute' - Reisebericht eines Kanada-Deutschen, München 1966

Robert Conrad,  25.02.2004

. Sehr engagierte und fundierte Seite zu Geschichte und aktuellen Planungen der Autobahn in Deutschland:
www.autobahn-online.de/images/gallerie2.html

. Gut recherchierte Liebhaberseite zum selben Thema (Link existiert leider nicht mehr) members.a1.net/wabweb/history/rab.htm

. Liebhaberseite aus dem Umfeld der Vertriebenenverbände mit Reiseberichten aus dem ehemaligen Ostpreussen (Link existiert leider nicht mehr):
www.reise-nach-ostpreussen.de/Rab/rab.htm

. Englische Seite die sich mit den polnischen RAB-Stücken beschäftigt. Viele historische Bilder sowie weitere Links (Link existiert leider nicht mehr):
www.xdesign.net/rab/rab_index.html

Robert Conrad,  25.02.2004

Mit Stand 17. Juli 2006 haben folgende Abschnitte/Fragemente der ehemaligen RAB Einzug in das Virtuelle Museum der Toten Orte gehalten:

Autobahnfragmente, Bautzen-Görlitz, D

RAB Elbing-Königsberg, südlicher Teil, PL

RAB Elbing-Königsberg, nördlicherTeil, RUS

RAB Strecke 46, Gräfendorf, D

Thomas Kemnitz,  17.07.2006

Nicht mehr existierende Links wurden entfernt bzw. als solche markiert.

Robert Conrad,  26.05.2014

Kommentar hinzufügen (Sie müssen eingeloggt sein)

Zum Anzeigen des Atlas nutzen wir GoogleMaps. Nach Bestätigung des Datenschutzhinweises oben, wird die Karte angezeigt werden.
Diese Website nutzt zur Herstellung ihrer Funktionalität einen Cookie, der nach dem Beenden Ihres Browsers wieder gelöscht wird.
Um die volle Funktionalität der Website herstellen zu können, nutzen wir den Kartendienst GoogleMaps und die Videodienste Vimeo und YouTube. Weitere Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Ich bin einverstanden und möchte auch externe Karten und Videos nutzen!